Besuch in der Gedenkstätte Breitenau zwischen Klostermauern

Es ist schon fast grotesk, was Menschen im Wechsel von Macht und Ideologien aus einer romanischen Klosterkirche machen können: Nach der Reformation diente die Benediktiner-Basilika Breitenau als Kornspeicher und Pferdestall, ab 1874 als Arbeitshaus und Haftstätte, in der NS-Zeit sogar als Konzentrationslager für politische Gefangene, während zugleich in ihrem Ostteil Gottesdienste stattfanden. Diese bis heute noch bedrückend nachwirkende Situation erlebten Mitglieder und Gäste des Frankenberger Zweigvereins bei einer Exkursion nach Guxhagen.


Romanische Rundbögen und Zellenfenster bestimmen heute noch das Bild der ehemaligen Benediktinerkirche in Breitenau. Gunnar Richter (links) führte die Frankenberger Besuchergruppe durch die Gedenkstätte. (Fotos: Völker)

In der Gedenkstätte Breitenau auf dem ehemaligen Klostergelände informierte ihr Leiter Gunnar Richter die Besuchergruppe über die wechselhafte Geschichte dieses Ortes, wo unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers Sozialdemokraten, Kommunisten und Gewerkschafter eingesperrt, später auch jüdische Mitbürger und Zwangsarbeiter zur „Arbeitserziehung“ eingeliefert wurden. Etwa 1800 Gefangene deportierte das NS-Regime von Breitenau in verschiedene Konzentrationslager.


Nach einem einführenden Film ging Gedenkstättenleiter Gunnar Richter auch auf Schicksale von politisch Verfolgten ein, die 1933 im Arbeitslager Breitenau inhaftiert worden waren.

Gunnar Richter, der zusammen mit Wissenschaftlern der Universität Kassel das Aktenmaterial des Lagers Breitenau aufgearbeitet hat und die dort seit 1984 eingerichtete Gedenkstätte mit Archiv, Arbeitsräumen und Bibliothek betreut, hatte für die Besucher insbesondere Materialien zu den dort 1933 eingesperrten politischen Gefangenen aus dem Raum Frankenberg vorbereitet. Erwähnt wurden der Bottendorfer SPD-Vorsitzende Konrad Rüdiger (1896-1961), das Frankenberger KPD-Mitglied Paul Pickel (1898-1960), der Schreiner Georg Görner aus Frankenberg (geb. 1891), der Sozialdemokrat Heinrich Parthesius aus Grüsen, Gemeinderatsmitglied Johannes Hansmann aus Haina-Kloster (geb. 1893) oder der Kaufmann Karl Fingerhut aus Sachsenberg (1903-1951).


Eine Dauerausstellung des Kasseler Künstler Stephan Borstel reflektiert in der Gedenkstätte Breitenau die Ereignisse in dem NS-Konzentrationslager auf eindrucksvolle Weise.

Auch die sechs unschuldigen polnischen Zwangsarbeiter, die in einer Schauexekution am 19.12.1942 in Herzhausen hingerichtet wurden, seien von der SS aus dem KZ Breitenau über Wehlheiden an den Edersee geschafft worden, berichtete Richter. Etwa 200 aus dem Frankenberger Raum zusammen getriebene polnische Zwangsarbeiter mussten an ihren erhängten Landsleuten vorübergehen.


Noch heute kann man in dem Kirchengebäude in Zellen hineinschauen, in denen zeitweilig bis zu 15 Gefangene auf engstem Raum eingepfercht worden waren.

Nach einem Rundgang durch die Gedenkausstellung des Künstlers Stephan Borstel sowie durch Waschräume und Isolierzellen in der ehemaligen Klosterkirche Breitenau fuhren die Frankenberger Geschichtsfreunde weiter nach Kassel. Vom Fuß der Herkulesstatue aus mit weitem Blick über den Bergpark Wilhelmshöhe informierten sie sich dort über die umfangreichen Sanierungs- und Sicherungsarbeiten der Parkanlage, für die das Land Hessen 200 Millionen Euro vorgesehen hat. Allein für die Restaurierung des Herkulesbauwerks sind 21 Millionen Euro vorveranschlagt.


Den Umgang mit Tod und Bestattungtraditionen, aber auch moderne „Crazy Coffins“ lernten der Frankenberger Zweigverein im Kasseler Museum für Sepulkralkultur kennen.

Der Umgang der menschlichen Gemeinschaft mit dem Tod in Geschichte und Gegenwart, das Eingehen auf Abschiede und "letzte Dinge" beschäftigte die Exkursionsteilnehmer am Nachmittag im Kasseler Museum für Sepulkralkultur. Dort gab ihnen Jörg Bollerhey einen fundierten Einblick zur Bestattungskultur zwischen einem Marburger Leichenwagen aus dem 19. Jahrhundert, historischen Grabdenkmalen und der Sonderausstellung „Crazy Coffins“ mit modernen Sargalternativen.                            

Karl-Hermann Völker