Auf der Suche nach Sachsenberger "Fachwerkschätzen"

Wie sich der Einfluss der Franken und Sachsen noch heute in den Fachwerkfassaden von Sachsenberg wider spiegelt - das erlebten am 31. August eindrucksvoll über 60 Mitglieder, Einwohner und Gäste des Frankenberger Zweigvereins bei einer Führung durch das waldeckische Nachbarstädtchen. Die Sachsenberger Hans Papenfuß und Ludwig Artzt begleiteten sie von den Resten der alten Stadtmauer durch die "Wäschepforte", vorbei am Rathaus bis zum alten Marktplatz und der Kirche.

Mit einem kleinen "Lehrgang" in alten Techniken der Holzbauweise, für den er eine Reihe von Skizzen und Fotos vorbereitet hatte, begann Hans Papenfuß seine Führung. Er schilderte die Ständer- und Rähmbauweise, die Entwicklung des typischen diemelsächsischen Hauses und des fränkischen Ernhauses, erläuterte Fachbegriffe und machte auf Details wie schmuckvolle Haustüren oder Oberlichter aufmerksam.

Die auswärtigen Geschichtsfreunde und Stadtbewohner, unter ihnen auch der Lichtenfelser Bürgermeister Uwe Steuber, waren immer wieder überrascht, wie viele "Fachwerkschätze", darunter auch der ehemalige "Spicher" mit Rundbogen, das Sachsenberger Stadtbild auch abseits der Hauptdurchgangsstraße prägen, obwohl zwei große Brände sehr viel alte Bausubstanz vernichtet hatten.

Um den Stadtbrand von 1889 ging es auch an dem drei Jahre später errichteten Backstein-Rathaus, wo sich sehr gut die danach wieder aufgebaute, viereckige Stadtanlage mit rechtwinklig sich kreuzenden Straßen erkennen ließ. Der gebürtige Sachsenberger Ludwig Artzt, der zu den jeweiligen Gebäuden noch eine Reihe von Schnurren und Chronik-Einträgen beisteuerte, schilderte auf der Rathaustreppe, was seine Großmutter ihm von der Feuerkatastrophe erzählte. "Die Schinken und Speckseiten, die die Leute zum Trocknen in den Räucherkammern am Dachboden hängen hatten, flogen brennend durch die Luft", habe sie als elfjähriges Mädchen erlebt.

In der 1772 erbauten evangelischen Pfarrkirche erläuterte Hans Papenfuß den imposanten Kanzelaltar von Josias Wolrad Brützel (1708) mit seinen zwölf Engelsköpfen sowie das noch ältere, wieder eingebaute spätgotische Kruzifix. Forschungen ganz spezieller Art zu einer vierfachen Sanduhr auf der Kanzel, die den Pfarrern in früheren Jahrhunderten signalisierten, wie lang ihre Predigt noch sein durfte, trug Karl Thomas aus Korbach vor. Durch das in Sachsenberg erhalten gebliebene Zeit-Messinstrument war er auf eine große Zahl weiterer Kanzel-Sanduhren gestoßen, die sich in Deutschland und Skandinavien finden lassen. Auch Martin Luther benutzte eine solche Predigt-Uhr für seinen nur als Stichwort-Konzept vorbereiteten "Sermon".

Die Auswertung des Stadtrundgangs durch Sachsenberg fand anschließend im Café Weber bei frischem Hefekuchen statt. Für den Frankenberger Geschichtsverein bedankte sich dessen stellvertretende Vorsitzende Ruth Piro-Klein bei Hans Papenfuß, Ludwig Artzt und Karl Thomas mit einem Buchgeschenk für ihre gute Vorbereitung und die immer wieder überraschenden Einblicke in die Stadtgeschichte.

Fachwerkschätze: Auf die Suche nach besonders schönen Fachwerkbauten gingen in Sachsenberg zahlreiche Einheimische und Frankenberger Geschichtsfreunde unter Führung von Hans Papenfuß (rechts) und Ludwig Artzt (links). Das Foto zeigt sie vor "Schneiders Haus", einem spätbarocken Ernhaus.

Predigt-Uhr: Wie früher die Pfarrer auf der Kanzel die Länge ihrer Predigt mit der Sanduhr kontrollierten, schilderte Karl Thomas den Besuchern in der Sachsenberger Stadtkirche.