Ein Rundgang durch das jüdische Vöhl

Auf den Spuren jüdischen Lebens in der Gemeinde Vöhl wandelten Mitglieder und Gäste des Frankenberger Zweigvereins für Hessische Geschichte und Landeskunde bei ihrer alljährlich Exkursion „Geschichte vor Ort“, bei der jeweils lokale Geschichtsinitiativen im Mittelpunkt stehen. Im Mai 2005 galt das Interesse dem Förderkreis "Synagoge in Vöhl", der sich die Restaurierung und kulturelle Wiederbelebung der Fachwerksynagoge in Vöhl/Edersee zur Aufgabe gemacht hat.


Von den jüdischen Mitbürgern, die früher in Vöhl einen hohen Prozentanteil der Bevölkerung bildeten, berichtete Karl-Heinz Stadtler (4. von rechts) dem Frankenberger Geschichtsverein auf dem jüdischen Friedhof. (Fotos: Siegesmund)

Verbunden mit dem Besuch der Synagoge unter der fachkundigen Leitung von Vöhls Ortsvorsteher Karl-Heinz Stadtler, der auch dem wissenschaftlichen Beirat des Fördervereins angehört, war ein Rundgang durch Vöhl mit einem Besuch des dortigen jüdischen Friedhofs. Auch er wurde nach seiner Zerstörung während der Nazi-Zeit nach dem Krieg als Zeugnis für die einstige jüdische Gemeinde und Ort der Erinnerung wieder hergerichtet. Stadtler ließ durch seine lebendigen Schilderungen mit einer Fülle von Daten, Ereignissen und Anekdoten das jüdische Leben der Gemeinde Vöhl wieder lebendig werden.


Als unscheinbarer Fachwerkbau gibt sich die Vöhler Synagoge von außen, während in ihrem Inneren ein Deckengewölbe mit Sternenhimmel den sakralen Raum prägt.

Er schilderte die Entstehung der Synagoge, die ursprünglich in 1827 als Synagoge gebaut und als Schule genutzt wurde. Dem Pogrom ist das Gebäude im Dritten Reich aus zweierlei Gründen entgangen: einerseits bewahrte es sein Standort in der dichten Vöhler Bebauung vor der Zerstörung und andererseits befand es sich zu jener Zeit bereits in einem nichtjüdischen Privatbesitz. Nach unterschiedlicher Nutzungen bis hin zum Baustofflager in der Folgezeit ging das heute äußerlich wieder einen einladenden Eindruck erweckende Fachwerkgebäude in der Vöhler Mittelgasse im Februar 2000 in das Eigentum des Fördervereins "Synagoge in Vöhl" über.


Aus Fragmenten des inzwischen restaurierten Sternenhimmels der Vöhler Synagoge fertigten Künstler neue Objekte an, von denen Kurt-Willi Julius, Vorsitzender des örtlichen Förderkreises, hier eines dem Frankenberger Geschichtsverein präsentierte.

Seither engagiert sich der Verein um die geschichtliche Aufarbeitung jüdischen Lebens in Vöhl und die Restaurierung der Synagoge als Gedenkstätte. Der Hinweis auf eine jüdische Schule in 1827 ist gleichzeitig ein Beleg für ein reges jüdisches Leben jener Zeit in Vöhl. Deutlich machte Stadtler dies der Besuchergruppe bei ihrem Ortsrundgang auch an den vielen Häusern, die einst von jüdischen, hoch angesehenen Mitbürgern erbaut und genutzt worden sind.

Vom Engagement der Fördervereinsmitglieder konnten sich die Frankenberger auch direkt vor Ort in der Synagoge, selbst überzeugen. Kräftig waren sie damit beschäftigt, die Synagoge für die wenig später beginnende Ausstellung "Shtil, di Nacht iz oysgeshternt" - Kunst aus Sternenbrettern vorzubereiten (www.synagoge-voehl.de). Für diese Ausstellung hatten 18 Künstler aus den Brettfragmenten des Vöhler Synagogenhimmels Kunstwerke geschaffen.

Jürgen Siegesmund


Von der Frauenempore, hier mit dem aufgefundenen Teil eines früheren Sichtgitters, bietet sich dieser Blick in den Innenraum der ehemaligen Vöhler Synagoge.