Die Botschaften auf Philipp Soldans „Eisernen Bibeln“
 
Reicher Mann und armer Lazarus: Bei einem Rundgang durch das Kreisheimatmuseum nahm vor seinem Vortrag Prof. Helmut Burger (rechts) gemeinsam mit Heiner Wittekindt und Ruth Piro-Klein einige Soldan-Originale in Augenschein. Fotos: Karl-Hermann Völker
 

Die theologischen Botschaften seiner „Eisernen Bibeln“, aber auch das Geschick, mit dem Meister Philipp Soldan seine kunstvollen Modeln schnitzte und vermarktete, standen im Mittelpunkt eines Vortrages, zu dem der Zweigverein Frankenberg und der Verein Kreis-Heimatmuseum gemeinsam eingeladen hatten. Prof. Dr. Ing. Helmut Burger (Allendorf/Eder) ließ dabei in der Mauritiuskapelle die Besucher mit einer Bildpräsentation Details auf Soldans Ofenplatten entdecken, die sie in solcher Deutlichkeit und Nähe noch nie zuvor betrachten konnten.

 

Nachguss: Der Soldanofen aus der Dombibliothek Fritzlar im Frankenberger Kreis-Heimatmuseum.

Die biblische Bildersprache des von Meister Soldan 1539 für die  Dombibliothek Fritzlar hergestellten Ofens, im Kreisheimatmuseum als Nachguss aus dem Jahr 1957 ausgestellt, erläuterte Prof. Burger als Beispiel dafür, wie sehr hier altes und neues Testament, prophetische Aussagen und Heilserwartungen  miteinander verknüpft wurden. Besonders ausführlich ging er auf Soldans Motiv des Jüngsten Gerichts ein, in dem unter den Verdammten auch ein Geizhals mit Geldsack in einer Schubkarre zur Hölle gerollt wird, zu sehen im Saal des alten Frankenberger Rathauses. Aber Soldans eiserne Bibeln  beschreiben auch immer wieder, wie durch den Opfertod Christi die Welt beim „Jüngsten Gericht“ erlöst wird.  

 

Szenen aus der Passionsgeschichte auf einer „eisernen Bibel“ Philipp Soldans: Jesus in Gethsemane.

Mit Bildern aus einer modernen Eisengießerei und technischen Zeichnungen vom Ofenbau des 16. Jahrhunderts stellte Prof. Burger dar, nach welchem System Soldans Fünfplattenöfen je nach Raumverhältnissen und Wärmebedarf in unterschiedlichen Größen hergestellt und mit Eckleisten montiert werden konnten. Noch heute lässt sich an den Seiten solcher Ofenplatten in Großbuchstaben die, wie man heute sagen würde, „genormte“ Größe des damals verwendeten Modells ablesen.

 

Von Meister Soldan in Form gebracht: Jesus und die Frau am Jakobsbrunnen.

Dass der Frankenberger Künstler beim Aufstellen seiner Eisenöfen selbst handwerklich mitwirkte, machte der Prof. Burger, der bei den Viessmann-Werken in Allendorf Eder Experte für moderne Wärme-Technologien ist, mit Auszügen aus Originalrechnungen sichtbar: „Item Meister philipps Soldan hait den eisern ofen gesetzt und gewehrt …“ Seine Anwesenheit über mehrere Tage, der Lohn für Maurer und Fuhrleute sind dort ebenfalls vermerkt.

 

Signatur des Eisengießers und die Plattengröße „E“ am Rand des Bildmotivs vom Jakobsbrunnen.

 

„Es sind von einzelnen Ofenplatten auch nach Soldans Tod um 1570 immer wieder Nachgüsse angefertigt werden, in Einzelfällen sogar mehrere tausend“, erklärte Prof. Burger, als er mit den Zuhörern anschließenden Fragen zur Massenproduktion diskutierte. Der bald darauf folgende Dreißigjährige Krieg habe jedoch viele zerstört. „Sie sind zu Kanonenkugeln gegossen worden“,  vermutete der Soldan-Fachmann.

 

Für die beiden gastgebenden Vereine dankten Ruth Piro-Klein und Museumsleiter Heiner Wittekindt dem Referenten für die Fülle an Informationen und Bilddetails zu Soldans Werk. Vor und nach der Vortragsveranstaltung hatten die Besucher Gelegenheit, im Heimatmuseum die Originale aus der Welt der „Eisernen Bibeln“ anzuschauen.

Karl-Hermann Völker