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Monatliche Zusammenkünfte.

a. Zu Kassel.

Am 8. Oktober. Herr Archivar Dr. Landau berichtete über die Versammlung des Gesammtvereins, welche im vorigen Monat zu Berlin stattgehabt. Herr Geh. Regierungsrath Schröder machte eine Mittheilung über das noch um Melsungen und Spangenberg im Volksbrauche lebende Wort Oscherre. „In der Oscherre sich befinden“ heiße: sich in der Irre befinden, den Weg verloren haben. Ebenso sei daselbst das Wort Aeugen noch im gewöhnlichen Gebrauche. Der oder die hat sich geäugend, statt hat sich gezeigt, ist sichtbar geworden. Es komme jedoch auch in der ersten Person vor: ich äugne mich. Herr Dr. Landau theilte darauf eine sehr strenge Strafepistel der Gräfin Katharine Belgica von Hanau (†1648) an einen ihrer Söhne mit, und erzählte dann, wie im J. 1623 die Bewohner des Dorfs Heringen an der Werra auf eine höchst barbarische Weise einen liguistischen Reiter ermordet hätten, sowie das in Folge dessen über das Dorf hereingebrochene Strafgericht. Weiter theilte derselbe einige handschriftliche Stücke aus dem J. 1756 mit, in welchen die damaligen politischen Verhältnisse in einer witzig-sarkastischen Weise gezeichnet wurden. Nachdem Herr Schulinspektor Collmann noch eine Abschrift der felsberger Hospitals-Ordnung, daraus einige Stellen vorlesend, übergeben, machte Herr Revisor Heidecker die Mittheilung, daß er bei einer jüngst vorgenommenen Ersteigung der Firnskuppe über dem vom Gipfel in den Berg getriebenen tiefen Schachte das in den Felsen gehauene Datum des 18. Januar 1631 gefunden habe.

Am 11. November theilte Herr Dr. Bernhardi mehrere von dem Vereinsmitgliede, Herrn Pfarrer Siebert, zu Felsburg aufgefundene Eingaben eines gewesenen Schullehrers, Martin Becker zu Böddiger, mit, welche dieser im zweiten Jahrzehnt des achtzehnten Jahrhunderts an den Landgrafen Carl und an das Consistorium zu Kassel gerichtet hat und worin unter anderm der Bau des Octogons auf dem Winterkasten mit der Statue des Herkules, der damalige starke Wildstand im Lande, der Luxus in Kleidung (namentlich in Perücken und Reifröcken) und Nahrung sowie auch die eingerissene Sittenlosigkeit mit großem Freimuth geschildert und unter Androhung von Gottes Zorn beklagt werden.

 

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