9

zahlreiche Engelsköpfe niederschauen. Ein früher hier befindlicher Ofen aus dem Jahre 1617 ist abgebrochen; erhalten hingegen ist noch ein aus Sandsteinen erbauter und barok verzierter Kamin vom Jahre 1619.

Der unter Moritz angefügte neue Schlossflügel mit seinen Spätrenaissance-Giebeln weist im Inneren nichts bemerkenswerthes mehr auf; wie das Refectorium jetzt den praktischen Bedürfnissen der Molkerei und Käserei dient, so sind die weiten Zimmer des Schlosses zu trefflichen Speichern eingerichtet.

Der Schlossgarten zeigt bewahrt in einzelnen Theilen Reste der alten Anlage und bietet von seiner Terrasse einen herrlichen Blick auf das weite Fuldathal und die begrenzenden Berge.

Gegen ½6Uhr wurde auf Wagen, die Herr Major Pestalozzi gütigst zur Verfügung gestellt hatte, die Weiterfahrt nach Rotenburg angetreten, wo die dortigen Mitglieder des Vereins sich zur Begrüssung eingefunden hatten.

In der Stiftskirche, deren Restauration im Jahre 1892 vollendet worden ist, gab Herr Dekan Doemich einen kurzen Überblick über die Geschichte der Stadt Rotenburg und die Schicksale des Stifts und seiner Kirche*). Die Kirche enthält ein Erbbegräbnis des hessischen Fürstenhauses; neben ihrem Chore ruhen Landgraf Hermann der Lahme († 1658) und seine zweite Gemahlin Kunigunde Juliane von Anhalt († 1683).

Ein Rundgang führte von hier aus über die alte Brücke in die Altstadt zum Schloss, von dort an der Stadtmauer entlang nach der Georgs-Kapelle und an der Pfarrkirche St. Jacob und dem Rathhause vorüber wieder zur Neustadt zurück. Es bot sich auf dem Wege Gelegenheit, den Reichthum der Stadt besonders an älteren Fachwerkbauten kennen zu lernen und wahrzunehmen, dass man es sich in richtiger Würdigung der Schönheit dieser Architekturen angelegen sein lässt, den alten Charakter derselben zu wahren und, wo nöthig, wieder herzustellen.

______________

*) Wir verweisen auf des genannten Herrn kleine Festschrift „Das Königliche Stift Rotenburg“. Rotenburg (Bertelsmann.) [1892.] 8. S. auch Mittheilungen, 1892 S. 147—150.