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durch die französische Okkupation sehr bald gänzlich umgewandelt. Viele Gewerbetreibende benutzten den Luxus der Feinde zur eigenen Bereicherung, die meisten Beamten traten in den Dienst der fremden Herrschaft, zur Unterdrückung jeder deutschen und hessischen Gesinnung wurde eine heimliche Polizei eingerichtet mit Spionen, Angebern und Erbrechung der Briefe. Den Wohlhabenden bot man neue Mittel zu Genuß und Schwelgerei, das geringe Volk wurde durch öffent liche Lustbarkeiten zerstreut. So trat äußerliche Prunksucht anstelle der einfacheren Sitte, Argwohn und Parteiung trübten den harmlosen geselligen Verkehr. Die Scheu und Achtung vor den Repräsentanten der Obrigkeit war erschüttert, man beschränkte sich darauf, nur noch die Personen zu respektieren oder zu fürchten, die die Gewalt faktisch handhabten.

Der Knabe hatte anfangs Unterricht bei Kandidat Cnyrim, kam dann in die Pension des Pastors Ramus im französischen Hospital, einem der drei Geistlichen an der damals noch zahlreichen französisch-reformierten Gemeinde, die vorherrschend die Oberneustadt be wohnte. Der erste pasteur war Klingender, zugleich Inspektor aller franzosischen Gemeinden im Land, der dritte Robert, Bruder des Galerieinspektors. Dieser bewohnte mit den Hospitaliten die rechte Hälfte des Hauses, Professor Ramus mit seinem Pensionate die linke. Die Mehrzahl der Eleven bestand aus Franzosen, die Unterhaltung im Hause wurde fast immer nur französisch geführt. Der Unterricht war dürftig, bestand in Kalligraphie, Elementarrechnen und kaum noch etwas Geographie und Zeichnen, die Kost sehr einfach. Mit dem Einzug König Jérômes und [und] seiner Gemahlin am 10. Dezember 1807 und der Bildung seines Hofstaats vermehrte sich die Zahl der Eleven. Zur Auszeichnung fleißiger Schüler gab es einen Orden, in einem talergroßen silbernen Stern bestehend, der um den Hals getragen wurde. Leibliche Züchtigung übten die Lehrer selten, Professor Ramus nie, um so strenger war die Hausfrau. Zu körperlicher Bewegung bot der Wilhelmsplatz vor dem Hause und der große Garten hinter ihm reiche Gelegenheit. Un- [Unvergeßlich]

 

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