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Dissertationen der damals erst 4994 Bände umfassenden Universitätsbibliothek. Hinzu kamen die Sammlungen des Mediziners Philipp Jakob Borell (1771), des Historikers Heinrich Otto Duysing (1781), des Mediziners Georg Philipp Michaelis (1783) und des Orientalisten Johann Wilhelm Schröder (1793).

Die westfälische Zeit (1806-1813) brachte fruchtbare Neuansätze, welche nach der Rückkehr des Kurfürsten nur teilweise fortgesetzt wurden. Sie brachte aber auch die Überweisung von 6906 Bänden historischer und geographischer Literatur aus der aufgehobenen Deutschordenskommende Lucklum bei Braunschweig und von Beständen der ehemaligen Benediktinerabtei Corvey. Ferner erhielt Marburg zahlreiche Bände aus den Bibliotheken der aufgelösten Universitäten in Helmstedt und Rinteln. In späterer Zeit sollte Marburg dann auch die restlichen Teile der Rintelner Bibliothek erhalten und so zum Haupterben dieser Hochschule werden.

Erst die Annektion Hessen-Kassels durch Preußen brachte für die Universität Marburg den Sprung in die Neuzeit. Für die Bibliothek bedeutete diese Entwicklung einen erheblich verbesserten Etat, die Berufung ihres ersten hauptamtlichen Direktors (1887) und ein neues Gebäude in der Universitätsstraße (1900). Der Zweite Weltkrieg ging, abgesehen von begrenzten Verlusten durch Brand im Auslagerungsbergwerk Hattorf, ohne größeren Schaden an der Bibliothek vorüber. Zwar bedingte nach 1946 die Verwendung ihres Gebäudes für die nach Westen ausgelagerten Bestände der Preußischen Staatsbibliothek eine längere Unterbringung als Gast im Hessischen Staatsarchiv, jedoch wurde dieses Provisorium 1967 durch einen Neubau beendet.

Im Hinblick auf die gewaltigen Verluste anderer Bibliotheken gewannen die Altbestände der Universitätsbibliothek Marburg eine außergewöhnliche und in mancher Hinsicht einzigartige Bedeutung. Heute besitzt die Bibliothek fast 1.500.000 Bände (einschließlich rund 630.000 Dissertationen), 1855 Handschriften und Autographen, 95 Nachlässe und 270 Wiegendrucke. Entsprechend der Stellung Marburgs als Landesuniversität Hessens und später Hessen-Kassels spielen die Bestände zur Landeskunde Nordhessens (einschließlich Waldecks) eine bedeutende Rolle. Auch fehlt es nicht an Zimelien. Unter den Drucken ist hier eine Sammlung von 117 Marburger Frühdrucken (1527-1566) besonders hervorzuheben. Daneben steht eine große Zahl an wertvollen Erst- und Frühausgaben aus dem hessischen Bereich, von dem hier nur drei Ausgaben der Hessischen Chronik von Dilich erwähnt seien. In zahlreichen Konvoluten werden unter dem Titel "Personalia Hassiaca" Gelegenheitsschriften zur Biographie hessischer Persönlichkeiten erfaßt. Besondere Erwähnung verdient auch die umfangreiche Sammlung nordhessischer Zeitungen, welche durch den fast vollständigen Verlust der Bestände der Landesbibliothek Kassel im letzten Krieg oft die einzigen noch erhaltenen Exemplare dieser Blätter darstellen. Infolge der geringen Qualität des Papiers schreitet jedoch gerade hier der Verfall schnell fort. Als einzige Rettung käme die Verfilmung in Frage. Mit Hilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Oberhessischen Presse konnte dieselbe für die in Marburg erschienenen Zeitungen durchgeführt werden. Für die Rettung weiterer Blätter fehlen jedoch die Mittel. In der Hoffnung das letzte Exemplar für eine spätere Verfilmung zu erhalten, mußten inzwischen die älteren Jahrgänge vieler Zeitungen für die Benutzung gesperrt werden.

Neben den Druckschriften sollte die Handschriftensammlung der Bibliothek nicht unerwähnt bleiben. Naturgemäß bilden Autographen aus dem Bereich der Philipps-Universität hier den Schwerpunkt, darunter das unvollendete Manuskript Wilhelm Dilichs (gest. 1655) "Urbs et Academia Marpurgensis", zahlreiche Mit- und Nachschriften von Vorlesungen Marburger Dozenten und Professorennachlässe. Unter letzteren seien vor allem diejenigen von Johann Georg Estor, Friedrich Carl von Savigny, Wilhelm Herrmann, Adolf Jülicher, Rudolf Otto, Paul Natorp und Martin Rade erwähnt.   

 

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