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AUFSÄTZE

 

Hessische Archivalien im Staatsarchiv Prag

 

Anfang dieses Jahres hat das Staatsarchiv Marburg vom Tschechischen Regionalarchiv Prag ein Verzeichnis des dort verwahrten "Hanauischen Familienarchivs" bekommen, in dem sich Urkunden zu hessischen Gütern und Akten zur hessischen Politik des 19. Jahrhunderts befinden. Um was handelt es sich bei diesen Archivalien und wie kamen sie nach Prag? Um dies zu erklären, ist ein Rückgriff auf die etwas komplizierte jüngste Geschichte des Hauses Hessen-Kassel nötig.

Der letzte Kurfürst, Friedrich Wilhelm l. (1802-1875), hatte unebenbürtig geheiratet. Seine Nachkommen hatten daher keine Ansprüche auf die Thronfolge und auf den kurhessischen Hausschatz. Um aber seine zur Gräfin von Schaumburg und Fürstin von Hanau erhöhte Frau Gertrude, geb. Falkenstein, und seine Kinder materiell abzusichern, kaufte der Kurfürst 1852 in Böhmen die Herrschaften Horzowitz (Hofovice) und Jinetz (Jince) und das Gut Bezdieditz (Bezdedice) und errichtete 1855 mit Bestätigung des österreichischen Kaisers ein Fideikommiß für seine Familie.

1866 verlor er Land und Thron. Vom 20. Juni an war er als preußischer Kriegsgefangener interniert, zunächst im Schloß Wilhelmshöhe und ab 24. Juni im Herzogsschloß zu Stettin. Erst als er seine Beamten von ihrem Eid entband, wurde er am 17. September freigelassen und erhielt die Einkünfte aus dem Hausschatz und die Erlaubnis, im Hanauer Schloß zu wohnen. Dieses benutzte er jedoch nur kurze Zeit; schon im August 1867 begab er sich nach Prag und erwarb noch im gleichen Jahr ein Palais in der Waldsteingasse 154 (heute Valdstejnskä 10) am Fuße des Hradschin. Der spätbarocke, 1770 errichtete Bau heißt heute Palais Kolowrat und beherbergt eine Nebenstelle des tschechischen Kulturministeriums. Ältere Stadtführer bezeichnen es noch als Hanauisches Haus (Hanavsky dum). Der exilierte Kurfürst nutzte es vorwiegend im Winter. Im Sommer

 

 

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