jemand beachtet. „Aus Gewichts- und Kostengründen mussten sie leicht sein, deshalb waren ihre Deckel auch bald beschädigt oder die Scharniere herausgebrochen“, sagt Stefan Böttner. „Dafür wirkten die floralen Motive, die Farben und die Sinnsprüche, mit denen die Thüringer Handwerker die für Hessen bestimmten Truhen bemalten, umso reizvoller“, ergänzt seine Frau. Blau war die Grundfarbe der von Schnett nach Hessen exportierten Kästen, deshalb auch „Hessenladen“ genannt, für Thüringen gab es die Kisten in Grün.
Durch einen Zufall stieß das Künstler-Ehepaar auf die in Schnett hergestellten Truhen: Eine Familie in Wiesenfeld bewahrte ein aus Marburg stammendes Exemplar, mit dem die Großmutter einst „in Stellung“ gezogen war, auf. Barbara Betz-Böttner, die während ihres Studiums mehrere Jahre im Bayerischen Nationalmuseum München Exponate restauriert hat, erhielt diese Mägdetruhe zur Aufarbeitung und war von den Farben begeistert. „Das Besondere an ihnen sind ihre immer nach gleichem Muster, aber niemals gleich bemalten dreigliedrigen Fronten und die große, ausdrucksstarke Farbsprache, die nicht in das Klischee der Bauernmalerei passen“, erläuterte Barbara Betz-Böttner.
Sie suchte in der einschlägigen Fachliteratur nach und fand auch eine 2005 in Würzburg erschienene Doktorarbeit von Matthias Wagner, der diese Truhen erforscht hat. Wie er feststellte, gab es sogar in Marburg-Weidenhausen eine Fabrik, die Möbelstücke „Schnetter Typs“ nachbaute, und es war der in der regionalen Volkskunst bekannte Kirchenmaler Nikolaus Dauber, der sie für den Kunsthandel bemalte.
Von Volkskunstforschern wurden die Thüringer Dienstbotentruhen aus dem Dorf Schnett mit ihren dreigliedrigen Frontflächen und ländlichen Blumenmotiven erst spät (1936) entdeckt. Lange galten die schlichten Gebrauchsobjekte als typisch „hessische Volkskunst“, und aus der Massenware wurden begehrte „hessische“ Souvenirs. Jahrelang dienten ihre thüringischen Motive sogar als Vorlage für die gern offiziell verschenkten „Hessentagsteller“.
Bis zur Vorstellung der Schnetter Truhen im Frankenberger Kreis-Heimatmuseum beim Geschichtsverein hat das Ehepaar Böttner in der

 

Viele der Schnetter Truhen, die das Künstlerpaar Böttner in Frankenberg zusammentrug, waren in einem schlechten Zustand. Dieses Foto zeigt deutlich die Farben vor und nach der Restaurierung.

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