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besucht werden und hiess wegen seiner regelmässigen Wiederkehr das ungebotene Gericht im Gegensatz zu dem gebotenen, das je nach Bedürfnis angesetzt wurde. Das Grafengericht, wo es auch immer stattfand, war zuständig für den ganzen Gau; und Sachen, die an der einen Dingstätte — sagen wir z. B. in Gensungen — anhängig gemacht waren, konnten über 4—6 Wochen in Maden weiter verhandelt und nach gleichem Zeitraum in Kirchditmold zu Ende geführt werden9). Das Grafengericht war das höchste Gericht, das auch den Blutbann hatte. Unter ihm bestand an jeder Malstätte noch ein Niedergericht, dem der Gentgraf oder Schultheiss präsidirte und das sich mit Bagatellsachen (mit Klagen um Schuld und um fahrende Habe) beschäftigte. Für solche Sachen war das Grafengericht zugleich Berufungsinstanz. Dass ein bestimmter Ort, und zwar um in Hessen zu bleiben, dass Maden der Sitz eines sog. Gaugerichts, d. h. des über allen andern Centhauptorten stehenden höchsten Appellhofes gewesen sei, wie man bis in die neuere Zeit vielfach behauptet hat, ist in historischer Zeit nicht erwiesen, es würde auch der gesammten Rechtsentwickelung wiedersprechen10). Maden war der Hauptort einer Hundertschaft; hier fanden demnach einmal die niederen oder Schultheissengerichte, sodann in einem gewissen Turnus mit den übrigen Malstätten die Grafengerichte statt.

Wo die Grafen des Hessengaues zur Zeit, als es noch keine Bergschlösser gab, ihren Wohnsitz hatten, wissen wir nicht. Zweifelsohne wohnten sie, wenn wir aus späteren Verhältnissen auf frühere zurückschliessen dürfen, von jeher innerhalb der Cent Maden. Und es lag in der Natur der Dinge, dass diejenige Malstätte, welche dem Wohnsitze des Grafen am nächsten lag, sich eines besonderen Vorranges insofern erfreute, als hier der Bequemlichkeit halber der Graf seine ausserordentlichen Gerichtstage, die sog. gebotenen Dinge abhielt. Es lag ferner in der Natur der Sache, dass Gauversammlungen, wie solche zur Heerschau, zu Maassnahmen behufs Aufrechterhaltung des Landfriedens oder zu sonstigen, den Gau allgemein betreffenden Angelegenheiten stattfinden mussten, an dem durch das Herkommen geweihten Hauptorte vorzugsweise abgehalten wurden. Aus älterer Zeit ist von Versammlungen allerdings keine Kunde auf uns gekommen11). Aber wir wissen, dass noch am 26. Febr. 1621 beim Maderholze zwischen Gudensberg und Böddiger ein Landtag abgehalten wurde 12), ebenso am 9. Juni 163113). Und in dem Ausschreiben Landgraf Wilhelms VI. vom 17. November 1654 zu dem am 15. Dezember abzuhaltenden Landtag der hessischen Stände heisst es: Als ist unser gnädiger Befehl hiermit an Euch, dass ihr gewisse Personen Ewers Mittels also abordnet1, damit dieselbe schierst - künfftigen Freytag nach Luciæ … auf der Höhe vor dem Mader Holtze zwischen Gudensberg und Böddigern, woselbst wir … wie etwa in Vorjahren bey der gleichen Begebenheiten mehr geschehen, diesen Land-Tag und Zusammenkunft anzustellen guth und nöthig befunden, früer Tags-Zeit … mit gnugsamer Vollmacht erscheinen14). Es war der letzte Landtag, der unter

 

 

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