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konnte zum Theil Ergebnisse neuerer Kunstforscher benutzen. Reiche neue Ausbeute gewährte das hiesige Staatsarchiv. Am Ende des Mittelalters blühte die Malerei in Hessen, besonders in Marburg (Johann von der Leyten). Die Reformation schuf auf diesem Gebiete eine ganz neue Zeit, nicht gerade zum Vortheil der Kunst, die seitdem in Hessen zwar noch eine Heimstätte am Fürstenhofe behielt, aber hier in ganz bescheidener und gebundener Form dynastischen Zwecken dienstbar war. Landgraf Philipp stellte 1536 zuerst einen eigentlichen Hofmaler an, bezeichnender Weise einen Cranachschüler, Michael Müller. Seine Persönlichkeit wird uns menschlich nahe gerückt durch die treuherzigen Erzählungen seines Verwandten Hans Wilhelm Kirchhof. Redner versuchte auch seinen Leistungen nachzuspüren, und schreibt ihm unter anderen Wandgemälde des Ziegenhainer Schlosses zu, die in einer späteren kleinen Kopie (Casseler Landesbibliothek) erhalten sind. Daneben wurden die verschiedenen erhaltenen Bildnisse Philipps des Grossmüthigen mit erörtert; eines der besten, aus der Ambraser Sammlung, wurde als Kopie nach Cranach dem älteren erwiesen. Landgraf Ludwig von Hessen-Marburg hatte zwei Hofmaler, Hieronymus Leypold, einen Oberdeutschen, und Johann Maass. Landgraf Wilhelm IV. war ein grosser Sammler, besonders von Fürstenbildnissen, und ein leidenschaftlicher Schlossbauer. Sein erster Hofmaler war Jaspar van der Borcht, den Redner als Niederländer erwies. Geschickter scheint jedoch der Deutsche Jost vom Hofe gewesen zu sein, den wir freilich nur aus Nachrichten, nicht aus Werken kennen. Er fungirte Jahre lang sozusagen als Reisemaler des Landgrafen, hatte an auswärtigen Höfen zu kopiren und zu portraetiren. Redner besprach die malerische Ausschmückung des Casseler Renthofes und der Schlösser zu Rotenburg, Cassel und Schmalkalden. An den Tafelbildern der Wilhelmsburg hat ein sonst ganz unbekannter, unbegabter Maler, Georg Kronhard, gearbeitet. Der Schöpfer der vortrefflichen Fresken des Schlosses dagegen, ein an italienischer Kunst geschulter Meister, ist leider unbekannt; der Wunsch des Redners, den berühmten Warburger Goldschmied Anton Eisenhoit mit den Entwürfen in Verbindung zu bringen, stiess auf Widerspruch. Weiteren Forschungen muss die Aufgabe bleiben, wenigstens zum Theil den heutigen Stand unserer Kenntnis zu überholen, der uns Künstler ohne Werke und Werke ohne Künstler zeigt. Der mit Vorlegung zahlreicher Illustrationen verbundene Vortrag war durch Diskussion belebt.

Zum Schlusse legte der Vorsitzende der Versammlung noch die beiden Originalhandschriften der Chroniken des Wigand Gerstenberg vor, die zur Zeit von Dr. Diemar für die hessische historische Kommission bearbeitet werden. Die aus den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts stammenden Handschriften erregten durch ihren reichen Schmuck an lebensvollen Miniaturmalereien allgemeines Interesse.

 

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