..

77

weissem Grunde gedient haben, zu schauen sind. Auch der charakteristische Löwe ist nun zu Tage getreten und gibt einen weiteren Beweis der Gerland’schen Erklärung ab, die an der Hand der erzählenden Dichtung Hartmann’s von Aue Scene für Scene nachzuweisen ist. Leider bricht die Wandmalerei mitten in der Darstellung ab, und es ist deshalb anzunehmen, dass die Fortsetzung auf den Wänden des Speise- und Rittersaales gestanden hat, dessen Stelle heute der Hausflur und das Treppenhaus einnehmen. Das Alter der Malerei muss in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts gesetzt werden, und dies Alter ist der Grund, wesshalb der aufgefundene Schatz so wissenschaftlich bedeutend ist: er ist bis jetzt im ganzen deutschen Sprachgebiet der einzige Zeuge einer malerischen Ausschmückung profaner Räume und profanen Inhalts aus jener frühen Zeit. Alle sonst aufgefundenen ähnlichen Wandmalereien in alten Burgsitzen oder Patrizierhäusern gehören dem 14. und den späteren Jahrhunderten an. Für den künstlerischen Werth der Wandmalereien im Hessenhofe muss man natürlich den Massstab jener alten Zeit anlegen, in der man Proportion und Perspektive nicht kannte und in naivster Weise die Scenerie schuf.

Herr Dr. Weber hatte die Güte, am folgenden Tage den zahlreich Erschienenen die Wandmalereien an Ort und Stelle zu erklären.

Am 5. December 1899 erfreute Herr Pfarrer Dithmar den Verein mit einem Vortrag über „Niedersächsisches Volksthum in Niederhessen*).

Am 15. Februar 1899 hielt Herr Major Weschke einen Vortrag über „Die Organisation des hessischen Heeres unter Philipp dem Grossmüthigen“ auf Grund des unter gleichem Titel 1898 im Druck erschienenen Buches von Dr. Paetel.

Nach Hinweis auf die Bedeutung des Landgrafen und seine Persönlichkeit erläuterte der Vortragende die Schaffung und Erhaltung des lediglich zum Dienste der evangelischen Freiheit gehaltenen Heeres. Es bestand dieses zum kleineren Theil aus dem Lehnsgefolge des Adels und der Landfolge der Städte und Dörfer, welche beide bei Ausbruch eines Krieges einberufen wurden für die voraussichtliche Dauer des Feldzuges. Der Adel mit seinen Junkern und Knechten bildete die Reiterfähnlein; der stets adlige Rittmeister hatte sich und sein Fähnlein auszurüsten und zu unterhalten mit der ihm vom Landgrafen bewilligten Pauschalsumme. Die Städte und Landbewohner hatten die vorgeschriebenen Fähnlein Fussvolk zu stellen, auf eigene Kosten auszurüsten und zu verpflegen. Den

____________

*) Der Vortrag wird im nächsten Jahrgange der Mittheilungen erscheinen.

 

..