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C. Zum Gedächtnis Wilhelm Sterns.

Von Carl Schwarzkopf.*)

Wilhelm Stern wurde am 14. April 1819 zu Cassel geboren; er entstammte einer vermögenden Familie, die schon im vorigen Jahrhundert in Cassel wohnhaft gewesen war und dem hessischen Vaterlande eine Reihe tüchtiger Officiere und Beamten gegeben hatte. Der Vater war eine Zeit lang Bürgermeister von Cassel und starb als Stadtgerichtsdirektor daselbst 1828; die Mutter war eine Tochter des Geheimen Kriegsraths Steinbach, eine Dame von seltener Schönheit und vornehmster Gesinnung. Nach erfolgreichem Besuche der Gymnasien zu Cassel und Marburg bezog Stern 1841 die Hochschule zu Marburg, wo er mit seinem Freunde Viktor Platner bei dem damals schon hoch angesehenen Corps „Teutonia“ aktiv wurde. Einer äusserst fröhlichen Studentenzeit folgte eine nicht minder angenehme Zeit der Vorbereitung für den Justizdienst, die indessen bald eine Trübung erfahren sollte. In den Stürmen der Revolutionszeit, in welcher die Wogen der Aufregung am höchsten gingen, hatte Stern das Misgeschick, mit einem bekannten Demokraten, dem Maler Stiegel, verwechselt zu werden und von einem Garde du Corps einen wuchtigen Schlag über den Kopf zu erhalten. Seit der Zeit kränkelte er, und es entwickelte sich bei ihm ein Nervenfieber, welches sein Leben auf das schwerste gefährdete. Um dem Lieblingswunsche des einzigen schwer erkrankten Sohnes Genüge zu leisten, entschloss sich die Mutter, ihm die Auserwählte seines Herzens selbst zuzuführen. Am Graben, in dem jetzigen Leihhause, wohnte nämlich der Inspektor Jean Anton Matthieu, welchem das Geschick drei durch Schönheit und Geist hervorragende Töchter bescheert hatte. Die jüngste von ihnen, Christine, hatte das Herz des jungen Juristen in feste Banden geschlagen; auf dem Krankenbette civiliter getraut, schloss er, wieder genesen, am 21. September 1850 mit der

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*) Unter Benutzung der in Gemeinschaft mit Dr. Boehlau im Hessenland Jahrg. XXII, Nr. 18 gemachten Mittheilungen.

 

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