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Die eigentliche Burgenzeit, d. h. die Zeit der Steinburgen, lässt sich nach der Entwicklung der Angriffs- und Vertheidigungsmittel in drei Zeiträume zerlegen. In die Zeit von etwa 1000 bis gegen 1200, d. h. die Zeit der einfachen Anlagen mit rein frontaler und wesentlich nur von oben herab geführter Abwehr des Angriffs und mit nur für den Bogengebrauch eingerichteten Zinnen. Dann die Zeit von 1200 bis 1400, d. h. die Zeit der Verwerthung der während der Kreuzzüge erworbenen Kenntnisse des weit entwickelten byzantinischen und sarazenischen Befestigungs- und Angriffswesens. Sie ist bezeichnet einerseits durch die Einführung der besseren Wurfmaschinen und der Armbrust und damit der Schiessscharten, der geschlossenen Wehrgänge auf und in den Mauern, der vielfachen Vertheidigungserker, Vorsprünge und Ueberhänge und andererseits durch die Abwehr des Angriffs durch flankirende Vertheidigungswerke. Der dritte Zeitraum ist bezeichnet durch die Einführung wirksamer Handfeuerwaffen und Pulvergeschütze. Von da ab hört der Burgenbau auf und wird durch den Festungsbau abgelöst. Dieser Zeitraum ist wesentlich bezeichnet durch die Einführung ausgedehnter, der Burg rings oder auf der Angriffseite mehrfach hintereinander vorgelegter Vorwerke, in dem Bestreben, die Verteidigung möglichst weit ab von dem eigentlichen Kern der Burg in das Aussengelände zu verlegen. Der Bergfried verliert an Bedeutung und wird oft gar nicht mehr gebaut. Die Mauern und Thürme werden niedriger aber stärker, brückenkopfartige Batteriewerke für schweres Geschütz rücken gegen Ende des Zeitraums auch über die äusseren Gräben hinaus und bilden dort Rondele und Barbakanen, auch schon mit Erdbedeckung.

Hierauf sprach der Bezirkskonservator Herr Dr. Bickell über die Geschichte der Burg Marburg. Er versuchte, so gut dies bei der kurz bemessenen Zeit möglich war, auf Grund der von ihm während der Umbauten des Schlosses seit dem Ende der sechziger Jahre gemachten Beobachtungen ein Bild der mittelalterlichen Burgenlage zu geben, welche durch die Befestigungswerke des 16. bis 18. Jahrhunderts vielfach zerstört und verändert, doch im Grossen und Ganzen noch rekonstruirbar sein dürfte. Darauf eine specielle Besichtigung einzelner Theile unseres alten Landgrafenhauses erfolgte.

 

II. Sitzung am 11. August 1900.

Diese Sitzung beschäftigte sich zunächst mit der Erledigung geschäftlicher Angelegenheiten. Der Vorsitzende legte die Rechnungen zur ordnungsmässigen Prüfung vor. Die erste Rechnung bringt den Nachweis

Mittheilungen.                                                       4

 

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