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Wir lassen nun die Verfasserin selbst reden.

„Am 14. Juni 1866 hat sich Kurhessen in der Sitzung des Bundestags zu Frankfurt für den Antrag Österreichs (Mobilisierung der Bundestruppen) erklärt, ebenso Hannover und Sachsen. Darauf hat die preußische Regierung diesen Dreien bis zum 16. Juni früh 7 Uhr Frist zum Widerruf gestellt; sollte dieser nicht erfolgen, so würde sie es als Kriegserklärung betrachten. — Der Freitag verlief schon in Aufregung; am Abend standen eine Menge Menschen vor dem Palais, wo Sitzung war; das Leibregiment wurde um das Palais gestellt, bis der Kurfürst gegen 11 Uhr nach Wil helmshöhe fuhr; alles war aber ruhig. Sonnabend Morgen fingen die Gerüchte an, sich zu jagen; ich schreibe alles hierher. Was wahr ist, wird sich später zeigen, das übrige kann als Beispiel der Aufregung in Kriegszeiten dienen. Um 3 Uhr morgens sind schon die Soldaten geweckt, um zu packen und sich marschfertig zu machen. .... Sie haben all' ihr kleines Privateigentum zu Bekannten und Verwandten gebracht, besonders sollen viele mit Vogelbauern herumgelaufen sein. Auf dem Königsplatz hätten zwischen 8 und 9 Uhr sehr viel Männer gestanden und zusammen ge sprochen, meist Angestellte. Viel gearbeitet ist gewiß nirgends. Es hieß, der Thronfolger 1 ) sei um 5 Uhr morgens eingetroffen, zum Kurfürsten nach Wilhelmshöhe gefahren, sie wären ganz einverstanden, was allgemein überraschte, da der Thronfolger nicht nur aus Berlin kam, sondern auch eine preußische Prinzeß hat, und man ihn für preußisch gesinnt hielt. Er übernahm das Oberkommando, war im Rathaus und soll mit dem Kommandanten 2 ) auf dem Königsplatz län gere Zeit verhandelt haben. — Es hieß beständig: die Preußen kommen, unsere Truppen gehen, um 12 Uhr, um l Uhr, um 2 Uhr, und so rückte dies Gerücht mit der Zeit immer weiter. Dabei regnete es so recht eindringlich und anhaltend, so recht grau und trübe immerfort, und überall sah man aufgeregte und ver- [verweinte]

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1 ) Prinz Friedrich Wilhelm von Hessen, der mit einer Tochter des Prinzen Karl von Preußen verheiratet war.

2 ) Generalmajor von Schenck zu Schweinsberg.

 

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