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1074 wird zum ersten Male das Cyriakusstift in Eschwege
neben dem kaiserlichen Gute in einer Urkunde erwähnt. Damals erhielt
der Bischof von Speyer das Recht, die Äbtissin des Stifts zu bestätigen.
Die Beziehungen zu Speyer und seinem Rechtsnachfolger, dem Erzbischof
von Mainz (seit 1235), blieben aber immer nur lose.
Wie die fränkischen Kaiser, so weilten auch die Hohenstaufen häufig
an der unteren Werra. Durch das Aussterben der Northeimer Grafen war
deren Gebiet um die Boyneburg an das Reich zurückgefallen. Dreimal
hielt Friedrich Barbarossa nun auf der Boyneburg mit glänzendem
Gefolge Hof und auch sein Sohn, Heinrich VI., nahm dort mehrmals seinen
Aufenthalt. In dieser Zeit muß Eschwege wohl Stadtrechte erhalten
haben. Als 1188 Barbarossa einen Streit zwischen der Äbtissin des
Cyriakusstifts und dem kaiserlichen Statthalter in Eschwege, einem Grafen
von Lohra, über Münze, Markt und Zoll, im wesentlichen zu
Gunsten der Äbtissin, schlichtete, sprechen alle dabei in Betracht
kommenden Verkehrsverhältnisse bereits für das Vorhandensein
der Stadtrechte. Vermutlich hatte sich der größte Teil der
sehr zahlreichen ritterbürtigen und Patrizierfamilien, die wir
in den folgenden Jahrhunderten in Eschwege antreffen, zu jener Zeit,
d. h. am Ende des 12. Jahrhunderts, in der aufstrebenden Stadt ansässig
gemacht. Besondere Gnadenbeweise der Kaiser für Eschwege, wie sie
zum Emporblühen anderer Städte so wesentlich mitgewirkt haben,
lassen sich aber nicht nachweisen ; aus sich selbst nahm Eschwege die
Kräfte, die zu seiner weiteren Entwicklung notwendig waren. Wir
dürfen das damalige Eschwege mit Recht als Reichsstadt bezeichnen.
Daß sich dieser Ausdruck in den gleichzeitigen Aufzeichnungen
nicht findet, ist darauf zurückzuführen, daß er eben
zu jener Zeit noch nicht üblich war. Aber die städtischen
Verhältnisse entsprechen völlig denen einer Reichsstadt. Selbständig
und gleichberechtigt stand die Stadt neben der Cyriakus-Abtei; aus dem
Königshofe war sie hervorgegangen, nicht dem Stifte verdankte sie
ihr Entstehen.
Nicht allzulange sollte sich Eschwege dieser Freiheit und Selbständigkeit
erfreuen. Nach dem Tode des „Pfaffenkönigs“, des Landgrafen Heinrich
Raspe von Thüringen, der im Besitze der ganzen Umgegend Eschweges
war, erhob sich ein heftiger Kampf um dessen Erbe. Während die
Häuser Brabant und Meißen sich die Erbschaft streitig machten,
benutzte Herzog Otto von Braunschweig, ein Nachkomme Ottos von Northeim,
die Gelegenheit, um die Lande an der Werra an sich zu bringen. Er nahm
Münden, rückte dann werraaufwärts und trotz tapferer
Gegenwehr fiel am 28. Dezember 1250 auch Eschwege in seine Hände.
Damit endete die Reichsfreiheit der Stadt.
Die Kämpfe nahmen aber ihren Fortgang. Herzog Albrecht von Braunschweig,
Ottos Sohn, der für seinen Schwager, den Landgrafen Heinrich das
Kind von Hessen, eintrat, fiel in die Gefangenschaft des Markgrafen
von Meißen und mußte seine Freilassung durch die Abtretung
Eschweges und anderer Orte