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zum Kastellan geführt, wo der Kaffee eingenommen wurde. Inzwischen waren auch die Hohenkircher eingetroffen und wurden mit einem Hoch begrüßt. Wie wir von Herrn Seidler hörten, waren seitens des Regimentskommandos die Bürgerwehren der Umgegend Kassels und der 7 Städte des Kreises Hofgeismar eingeladen worden, aber nur Hohenkirchen und wir waren der Einladung gefolgt.
Es entwickelte sich nun ein buntes Treiben, die Kasseler Musikkapelle konzertierte, hier und da wurde gesungen, andere gingen, sich unterhaltend, im Parke spazieren. Zu den letzteren gehörten wir mit den meisten Kasseler Offizieren. Daß eine Menge Bier vertilgt wurde, brauche ich wohl kaum zu erwähnen. Es ging aber recht kameradschaftlich zu, so daß die Stunden rasch verstrichen.
Gegen ½6 Uhr wurde zum Sammeln geblasen und der Regimentskommandeur bedeutete uns, daß er uns die Bürgerwehr in Parade vorführen wolle. Das geschah denn auch, wir stellten uns auf einen etwas erhöhten Platz und nun marschierten die Kasseler Wehren im Paradeschritt an uns vorbei, erst in Zügen, dann in Kompagniefront, endlich im Laufschritt. Nachdem die Parade vorbei, schlossen die Mannschaften einen Kreis, in dessen Mitte wir uns befanden. Hauptmann Dittmar sprach im Namen der Geismarschen Bürgergarde für die Ehre, die uns erwiesen, in einer Ansprache seinen Dank aus, worauf Seidler in einer längeren Rede erwiderte und mit einem Hoch auf Deutschland schloß. Hierauf stimmte die Musik das Lied: "Was ist des Deutschen Vaterland?" an, und sämtliche Anwesenden sangen mit. Damit war die Feier beendet und die Kasselaner, die von Mönchehof aus einen Extrazug benutzten, rüsteten sich zum Abmarsch. Wir begleiteten die Abziehenden eine Strecke weit, dann begann ein rührendes Abschiednehmen. Mir fiel ein Gardist der reitenden Bürgergarde um den Hals und küßte mich ab, daß mir Hören und Sehen verging. Wer es war, habe ich nie erfahren. - Wir selbst tranken beim Konduktor Otto noch ein

 

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