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Wir gingen nun unsern einzelnen Absichten entsprechend in die Stadt und trafen uns um 3 Uhr nachmittags auf dem Friedrichsplatz. Die Kasseler Bürgergarde war dort schon versammelt, auch die Bürgergarden von Melsungen, Lichtenau, Eschwege, Rotenburg u. a. waren vertreten. Grebenstein fehlte wieder. Nun wurde der Zug formiert, zuerst die städtischen Behörden, dann die Kasseler Bürgergarde, hierauf wir und danach die anderen fremden Bürgergarden; den Zug schloß eine große Menge Kasseler Bürger. Im Leichenschritt, mit Trauermusik, zogen wir durch die hauptsächlichsten Straßen der Stadt zum Königsplatz, der für die teilnehmende und die zuschauende Menge kaum ausreichte. Dann betrat der Führer der Kasseler Demokraten, der bekannte Dr. Kellner1), den Balkon des Gasthofs "zum König von Preußen" und hielt eine Rede, die sich in den schlimmsten Ausdrücken bewegte und wenig nach unserem Geschmacke war. Wir schlichen uns leise weg und wanderten zu Cimiotti2). Nachdem die Menge sich verlaufen hatte, holten wir unsere Fahne und zogen recht niedergeschlagen zum Bahnhof. Wir bedauerten, daß wir uns von den Republikanern, unter der Kressschen Gesellschaft zur Teilnahme an dieser, unserer Gesinnung wenig entsprechenden Feier hatten, verleiten lassen, und sprachen dies abends bei Kress auch unverhohlen aus. -
Kurz vor und nach Neujahr 1849 tauchte mehrmals das Gerücht auf, die Kaserne solle angesteckt werden. Namentlich in den ersten Tagen des Januar 1849 hatte ich dies mehrmals gehört und hielt es für angezeigt, das Gerede dem Rentmeister mitzuteilen. Dieser nahm die Sache recht ernst und gab mir anheim, den Regimentskommandeur davon in Kenntnis zu setzen. Ich begab mich nun zu Oberst von Bardeleben und teilte ihm das Gehörte mit, machte ihn

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1) Der durch seine Flucht aus dem Kastell bekannte Redakteur der ,,Hornisse".
2) Am Ende der Kölnischen Straße, etwa an der Ecke der jetzigen Großen
   Rosenstraße. Damals die einzige Gastwirtschaft in Kassel, in der es bayrisches
   Bier gab.

 

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