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[Wahlmänner] männer öffentlich, die der Abgeordneten geheim. Das Wahlverfahren war in Stadt und Land noch verschieden, auf dem Lande ein sehr umständliches. Hervorzuheben ist der Gedanke, besondere Anforderungen nicht an die Wähler, sondern an die Gewählten zu stellen, um das Parlament auf einer gewissen Höhe zu erhalten. Die Hälfte der gewählten Vertreter von Stadt und Land müssen entweder ein gewisses Vermögen besitzen oder eine bestimmte Steuer entrichten oder sich in der Stadtverwaltung betätigt haben. Die unteren Staats-, Hof- und Finanzbeamten dürfen in dem Wahlbezirk, in dem sie angestellt sind, nicht gewählt werden. Die Wahlen sollten alle drei Jahre stattfinden und die Stände außer bei wichtigen Anlässen nur alle drei Jahre zusammentreten. Beim Auseinandergehen wählen sie den Landtagsausschuß, der — bedeutsamerweise — die Regierung einer ständigen Überwachung unterwirft.

Bekanntlich schlossen sich an die Aufrichtung dieser überaus liberalen Verfassung fortgesetzte Kämpfe zwischen Regierung und Parlament an. Während des ersten Ministeriums Hassenpflug (1832—37) steigerten sie sich zu großer Schärfe. Eine wesentliche Änderung erlitt das Wahlrecht im Juli 1848 durch Beseitigung der Artikel 64—66 der Verfassungsurkunde, d. h. durch Aufhebung sämtlicher Beschränkungen in der Auswahl der Person der Abgeordneten, weiter aber wurde das Wahlrecht eingreifend umgewandelt durch das Gesetz vom 5. April 1849, das sämtliche Privilegierte ihrer Landtagssitze verlustig erklärte. Die Kammer bestand fortan aus 32 durch gleiche direkte Wahl gewählten Abgeordneten und 16 Delegierten der Höchstbesteuerten. Der Einfluß des Volkes auf die Regierung wurde durch diese Änderung ganz wesentlich erhöht. Aber auch diesmal währte der Friede nicht lange. Seit Hassenpflug im Februar 1850 an die Stelle des volkstümlichen Märzministeriums getreten war, vollzog sich die weitere Entwickelung im Zeichen des „Verfassungsstreites“. Im Februar 1852 erließ der Kurfürst, gestützt auf einen Beschluß der Frankfurter Bundesversammlung, eine neue Verfassung und ein neues Wahlgesetz mit Zweikammersystem. Die Zusammensetzung der zweiten

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