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Wied“ bezeichnet war. Es zeigt den Oberkörper der Frau mit dem Kinde auf dem Arm, aber an den Hüften ist noch ein Stück Gewand sichtbar, das offenbar den ganzen Unterkörper bedeckt hat. Dieses Bild stammt aus dem Nachlaß des 1861 in Rinteln verstorbenen kurhessischen Premierleutnants, Kreissekretärs und Assessors Avenarius. Eine Verwandte, die es von ihm erbte, überließ das Bild leihweise dem berühmten Bonner Kunsthistoriker Justi, der es 1904 in Düsseldorf aus stellte und mündlich wiederholt äußerte, es stamme aus der Kasseler Galerie. Nach Justis Tode erwarb Marx das Bild von der Besitzerin, ließ es reinigen, wodurch seine Schönheit erst zur Geltung kam, und hat es jetzt dem Großherzog von Hessen geschenkt, der es nach dem Kriege im Darmstädter Schloß der öffentlichen Besichtigung zugänglich machen will.

Marx sucht also zunächst nachzuweisen, daß das Neuwieder Bild nicht das verschwundene Kasseler sein kann, und zwar aus folgenden Gründen:

1. Die Beschreibung des Kasseler Katalogs paßt (auch abgesehen von der Zahl der Kinder und den Eierschalen) nicht auf das Neuwieder Bild, denn die Kinder spielen hier nicht mit Blumen.

2. Die Größe des Neuwieder Bildes entspricht nicht den Angaben des Kasseler Katalogs, vielmehr mißt es in der Höhe 3,5 cm und in der Breite 2 cm mehr.

3. Den Gedanken einer Übermalung und der späteren Entfernung dieser Übermalung erklärt Marx für „abenteuerlich“.

4. Die Neuwieder Leda ist auf Erlenholz gemalt, ein Material, das von italienischen Malern nie benutzt worden ist.

5. Die Landschaft auf dem Neuwieder Bilde macht eher einen niederländischen als einen italienischen Ein druck.

6. Der Gesichtsausdruck der Leda entspricht in keiner Weise den Schilderungen Goethes, Tischbeins und von Rumohrs. Aus diesem Gesicht spricht nur sinnliche Liebe, wie sie wohl für Leda, nicht aber für Charitas paßt.

 

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