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die Mutter eine auffallend schöne und auch poetisch begabte Frau. Auch der Sohn entwickelte sich ja zu einem hervorragend schönen Mann. Vielleicht ist die Familie thüringischen Ursprungs (ein Ort Dingelstädt liegt bei Heiligenstadt). Schon frühe wurde Dingelstedts Vater nach Rinteln versetzt, wo der Dichter nun seine Jugend verlebte. Er war eine Zierde des dortigen alten Gymnasiums, das damals vorzüglich geleitet wurde. 17 Jahre alt, verließ Dingelstedt diese Anstalt als primus omnium. Schon als Gymnasiast war er eifrig dichterisch tätig. Einige lateinische Gedichte von ihm sind aus jener Zeit bekannt; auch das Hessenland hat er damals schon besungen. In einem Gedichte, betitelt „Die Ressource“ und in der Form sich an Schillers „Glocke“ anlehnend, schilderte er in witziger Weise die gesellschaftlichen Verhältnisse Rin-telns. Nach dem Verlassen des Gymnasiums bezog er die Universität Marburg, wo er als flotter Korpsstudent auftrat. Er traf dort seinen Landsmann Friedrich Oetker, mit dem er in enge Freundschaftsbeziehungen trat. Später ist dieses Band freilich gerissen. Auch in Marburg war er schriftstellerisch und dichterisch tätig. Er kämpfte damals einen inneren Kampf über seine Lebensaufgabe; sein Vater wünschte, daß er sich der Theologie widme, während er selbst zu Philologie neigte. Beim Beziehen der Hochschule war er wohl auch kränklich, erstarkte aber während seines Marburger Aufenthalts. 1835 wurde er Lehrer in Ricklingen bei Hannover an einem englischen Institute, das ihn mit den vornehmen und geistvollen Kreisen der nahen Residenz in Berührung brachte. Aber auch dort, wie während seines ganzen Lebens, behielt er den Korpsburschenton bei. Er arbeitete damals besonders für Zeitschriften („Posaune“, „Phönix“). 1836 wurde er nach Kassel berufen, um dort, erst 22 Jahre alt, Lehrer der neueren Sprachen und der Literatur am Lyceum Friedericianum zu werden. Die damaligen kurhessischen Verhältnisse sind ja bekannt. Der Verfassungsstreit war bis zu einem gewissen Grade erledigt, man freute sich der Errungenschaft der Verfassung von 1830, aber der Zwist zwischen Volk und

 

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