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Mit dieser für den Seelenabwehrglauben neuen Erkenntnis verband der Vortragende zwei Bußordnungen des Wormser Bischafs [Bischofs] Burchard aus dem 11. Jahrh., in welchen verboten wird, der bei der Geburt verstorbenen Mutter oder dem verstorbenen Neugeborenen in der Gruft einen Pfahl durch den Leib zu stoßen. Die eine der beiden Verordnungen teilt auch den Grund dieser fürchterlichen Sitte mit: es sollten die Toten an ihren Platz im Grabe festgebannt bleiben und ein für allemal verhindert werden wiederzukommen und Unheil anzurichten unter den Lebenden. Und da trifft es sich günstig, daß in einer Verordnung Philipps des Großmütigen aus dem Jahre 1554 Kindesmord und allerlei grobe Unzucht so bedroht wird: „die soll man lebendig in ein Grab, ein Dornenheck uff ihren Leib legen, sie mit Erde beschütten und ihr eynen eychen Pfol durch ihr Herz schlagen“ usw. Ob bewußt oder unbewußt: diese auf den uralten Seelenabwehrtrieb zurückgehende Strafe in ihrer ganzen Furchtbarkeit ist ein Rest aus der Heidenzeit der Chatten. Damit gewinnt Tacitus „Germania“ 12 (ignavos et imbelles et corpore infames caeno et palude iniecta insuper crate mergunt) endlich seinen bisher verkannten Bezug auf denselben Seelenglauben zurück und wird jetzt voll verständlich. Römischer und deutscher Grabesbrauch, seltsam an sich, stimmen hier mit dem der Naturvölker überein. Das weist auf eine psychologische Notwendigkeit, auf ein geheimes Gesetz. — Sodann legte Prof. Maaß unter Hinweis auf einen früher gehaltenen Vortrag das Buch Dr. Quillings über die Mainzer Jupitersäule vor, das während des Weltkrieges erschienen ist. Das Prachtwerk vereinigt mit gewaltigem Fleiß in geradezu mustergiltiger Weise das Gesamtmaterial über diesen bedeutendsten Skulpturenfund aus dem Limesgebiet, geht mehrfach mit Glück auch neue Wege und muß für jede weitere Untersuchung die Grundlage bilden.

 

4. Am 8. Februar 1919. Bei Beginn der Sitzung gedachte der Vorsitzende Archivrat Dr. Knetsch der kürzlich verstorbenen Mitglieder Superintendent

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