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Hans Krollmann, Kassel, Kultusminister des Landes Hessen

Grußwort am 24.6.1984

Als am 10. Juni 1835 das "Verzeichnis der wirklichen Mitglieder des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde" aufgestellt wurde, fanden sich unter der Nr. 18 bzw. 19 der Aufstellung die Namen des Hofrates und Professors zu Göttingen Jacob Grimm und des Professors zu Göttingen Wilhelm Grimm. Jacob Grimm war bereits im Jahre 1830 ordentlicher Professor in Göttingen geworden. Wilhelm Grimm hatte seine Berufung gerade jetzt im Jahre 1835 zum ordentlichen Hochschullehrer in Göttingen erhalten. Beide hatten bis zum Jahre 1829 in Kassel gelebt. Doch auch noch 1835, nach 6 Jahren in der fremden Stadt, bekannte Jacob Grimm: "Aus Hessen zu weichen wurde mir gewaltig schwer". Und in der Tat: Die "Kasseler Jahre" hatten für die Gebrüder Grimm nach eigenem Bekunden zu ihrer "zufriedensten Zeit" in ihrem Leben gehört.

Man zählte sie mittlerweise zu den führenden Köpfen der Germanistik. Sie hatten sich - neben ihrer bibliothekarischen Alltagsarbeit, die sie 23 bzw. 15 Jahre lang mit einer geringen Besoldung in der Kurfürstlichen Bibliothek leisteten, die sich im Museum Fridericianum in Kassel befand - eine hohe Reputation erwor ben. Kurfürst Wilhelm II. ließ sie jedoch im Jahre 1829 ziehen. Eine unglück liche Beförderungspolitik an der Bibliothek hatte ihr Ehrgefühl schwer verletzt. Für die beiden bescheidenen früheren Kasseler Bibliothekare mehrten sich frei lich die wissenschaftlichen Gesellschaften, in die sie berufen wurden. Ehrende Diplome bestätigten ihren Rang. Aber auch für den "Verein für hessische Geschichte und Landeskunde" mußte es wenige Jahre später eine Ehre sein, die Brüder Grimm als Mitglieder mitaufnehmen zu können. Die beiden hatten gerade in Göttingen mit einer Reihe von Werken die junge Wissenschaft der Germanistik bereichert und Jacob Grimm hatte, um das strenge grammatische Denken mit einem anderen Gegenstand zu unterbrechen, die "Deutsche Mythologie" herausgegeben. Er bot damit viel volkskundliches Material und einen Einblick in religiöse Vorstellungen früherer Jahrhunderte.

Im Jahre 1835, also zu der Zeit, als die Brüder Grimm im Mitgliederverzeichnis des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde genannt werden, hatte sich damit Jacob Grimm an die Spitze einer neuen Forschungsrichtung gestellt. Die Göttinger Jahre waren für die Brüder Grimm eine neue Welt. Und Jacob Grimm kam später zu dem bitteren Ergebnis, "hätte ich voraussehen können, was mir dort bevorstände, ich würde mich mit Händen und Füßen gesträubt, den geliebten Boden der Heimat nie verlassen haben". Das war im Jahre 1837, als die Ereignisse um die "Göttinger Sieben" ihren Lauf nahmen. Sie endeten für die Brüder Grimm damit, daß sie sich wieder nach Kassel zurückwandten. "An Göttingen denke ich wie einer, der aus Amerika zurückgekehrt ist", beschrieb Wilhelm Grimm seine Situation, als er wieder in seiner alten, geliebten Umgebung, in Kassel, war.

Deren geliebte Heimat, von der die Brüder Grimm immer wieder sprechen, war Hessen. Und dessen "allseitige Erforschung und Darstellung" hatte sich der "Verein für hessische Geschichte und Landeskunde" im Jahre 1834 als "Vereinszweck" vorgegeben. Das war vor nunmehr 150 Jahren. Mittlerweile kann der "Verein für hessische Geschichte und Landeskunde" selbst als ein Kapitel Heimatgeschichte bezeichnet werden, l½ Jahrhunderte lang haben sich Mitglieder dieses Vereins damit beschäftigt, unter dem Gesichtspunkt einer möglichst umfänglichen Sichtbarmachung und Erklärung der hessischen Geschichte viele Dinge zu sammeln, zu

 

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