..

- 4 -

 

liche [kirchliche] Verfassung - Herr Bischof, noch vor dem Staat! -; die Staats- und Rechtsverhältnisse; die Weltgeschichte selbst und - schließlich - "das Wirken der Fürsten und Herren des Landes und aller ausgezeichneten Geister, welche auf das Schicksal ihrer Mitbürger einen entscheidenden Einfluß gehabt haben".

Zumindest der erste Teil dieser Zweckbestimmung des Vereins war nicht erstmalig und neu für Kassel; und es ehrt den Verein, es ehrt die Zeitschrift des Vereins und den Gründer Bernhardi, daß er wieder in der ersten Nummer der Zeitschrift in einem "Kurzen Abriß einer Geschichte der Gesellschaft der Altertümer zu Kassel" auf diese Gesellschaft verwiesen hat, die als Hauptgegenstand ihrer Forschungen "die alte und mittlere Geschichte Deutschlands mit vorzüglicher Rücksicht auf Hessen in dem Umfange, in welchem diese Gegenstände der Natur, des Staates, der Kirche, jeder Wissenschaft und Kunst, des Friedens und des Krieges in sich begreifen" haben sollte. Der Landgraf Friedrich II. selbst hatte sie 1777 gestiftet, ihre Mitgliederzahl auf 40 begrenzt und sich selbst den Vorsitz vorbehalten.

Aber wenn sich auch die Themen wie z.B. "Sind die Hessen Abkömmlinge der Chatten?" oder "Über die Ursprünge der Churfürsten des H.R. Reiches" - wie verräterisch angesichts des Strebens des landgräflichen Hauses nach der Kurwürde -, wenn sich also auch die Themen teilweise mit denen deckten, mit denen sich später der Geschichtsverein befaßte, so gab es doch einen gravierenden Unterschied: Die Gesellschaft der Altertümer zu Kassel war eine fürstliche Institution, eine Art Akademie; der Geschichtsverein war ein Ergebnis bürgerschaftlicher Initiative in der ganzen Breite der bürgerlichen Bewegung der Jahre 1830/31 und das Hineinbringen seines Zwecks in eine staatsfreie bürgerschaftliche Organisation und in eine absolut staatsfreie Publikation zur Verbreitung seiner Erkenntnisse. Und er war dabei noch staatsfreier als der Kurhessische Kunstverein, der am 4. Januar 1835, nur eine knappe Woche nach dem Geschichtsverein!, in Kassel gegründet wurde, folgte doch bei diesem nach der Gründung durch einen engeren Kreis ein Aufruf aus der Sphäre des Staates, nämlich durch den Minister für Auswärtige Angelegenheiten und das Kurfürstliche Haus, Friedrich von Trott, und den Generalmajor Bauer, der binnen eines Jahres den Zulauf von 750 Mitgliedern brachte. Beim Geschichtsverein erfolgte der erste Aufruf allein aus dem Kreise der Bürger am 16.8.1834 durch Bernhardi, Landau, von Rommel und Schubart. Bis zum 14.11.1834 waren schon so viele Mitglieder gewonnen, daß die Einberufung einer Generalversammlung für den 29.12.1834 ins Altstädter Rathaus, dem alten Sitz bürgerschaftlicher Selbstregierung der Residenzstadt, stattfinden konnte und in dieser Sitzung am 29.12.1834 die Statuten verabschiedet wurden, die im § 8 die Bildung eines lOköpfigen Ausschusses, wir würden sagen: Vorstandes, vorsahen, von denen, Herr Bürgermeister, 5 ihren Sitz in Kassel haben sollten, deutlicher Ausdruck der Vorrangstellung der Residenz. Und wieder in einer Organisation von unten nach oben wurde nach der Bestellung des Ausschusses der Vorsitzende erst am 25.1.1835 aus dem Ausschuß heraus gewählt: Christoph von Rommel, der bis 1859 amtierte und schließlich beide bürgerschaftlichen Vereine, Geschichtsverein und Kunstverein, von 1844 bis 1855 in der Führung in seiner Person einte.

Diesem bürgerschaftlichen Unternehmen Geschichtsverein sage ich für das hessische Landesparlament, den ganzen Hessischen Landtag, zu seiner Jubelfeier Dank und Gratulation. Ich danke für Forschung, ich danke für Publikation und ich danke für Vermittlung, auch und gerade in der jeweils zeitgemäßen Art, und erwähne dabei als ein sichtbares Zeichen moderner Geschichtsvermittlung

 

..