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Natürlich darf eine moralisch so zwielichtige Figur wie der Literat Seume, dessen Erzählung über seine gewaltsame Anwerbung von der Wissenschaft längst ins Reich der Fabel verwiesen ist, als Kronzeuge nicht fehlen. Der Satz von den "brutalen Werbemethoden“ der "Häscher des Landgrafen" ist mit der Wirklichkeit, wie sie sich aus den Quellen ergibt, unvereinbar.

  

Im Interesse des Ansehens Kassels und unserer hessischen geschichtlichen Vergangenheit ist eine Eliminierung des beanstandeten Textes dringend zu wünschen.

  

Hermann Bettenhäuser
stell v. Vorsitzender des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde
Zweigverein Kassel
Friedrich-Naumann-Str. 31
Kassel

   

Gegenstimme Jörg Witzel zum Leserbrief Hermann Bettenhäuser, Hessisch-Nieder sächsische' Allgemeine vom 21.8.1985

  

Leserbrief: "Bösartige Legende aufgewärmt" (7.8.)

Warum gefährdet kritische Distanz zu bestimmten Taten eines absolutistischen Potentaten, des hessischen Landgrafen Friedrichs II., das Ansehen Kassels und der hessischen Geschichte? Schon zeitgenössische Stimmen lehnten die Vermietung hessischer Truppen gegen Subsidienzahlung in Großbritannien als Verstoß gegen unveräußerliche Menschenrechte ab und bezeichneten sie zutreffend mit dem Begriff "Soldatenhandel". Friedrich Schiller ist Kronzeuge: In seiner Tragödie "Kabale und Liebe" bezieht er sich 1784 kritisch auf die traurige Praxis des Soldatenhandels, den mehrere deutsche Landesherren als lukratives Geschäft be trieben. Kann man Schiller wie Seume auch als "moralisch zwielichtige Figur" abqualifizieren?

  

Nicht nur nach unseren heutigen sittlichen Maßstäben, sondern auch an den moralischen Kategorien der Aufklärung im ausgehenden 18. Jahrhundert gemessen, war und ist der Soldatenhandel Landgraf Friedrichs II. zu verurteilen. Von einem Fürsten, der sich zu den Idealen der Aufklärung bekannte und der sich seiner Korrespondenz mit dem größten geistigen Repräsentanten der französischen Aufklärung, mit Voltaire, rühmte, konnten auch seine Zeitgenossen anderes Verhal ten erwarten...

 

Jörg Witzel
Magdeburger Straße 14
Hess. Lichtenau

  

Antwort Hermann Bettenhäuser auf die "Gegenstimme", Hessisch-Niedersächsische Allgemeine vom 31.8.1985

  

Leserbrief "Friedrich Schiller ist Kronzeuge" (21.8.)

  

Schiller hat seine heimischen Württemberger Verhältnisse vor Augen, wo sich ja tatsächlich übler Menschenverkauf abgespielt hat. (Das berüchtigte Württemberger "Capregiment"). Die in "Kabale und Liebe" geschilderte Meutereiszene hat sich in Württemberg während des 7jährigen Krieges zugetragen beim Ausmarsch an Frankreich vermieteter Truppen.

 

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