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Auch an den Hessischen Ministerpräsidenten Börner war der Offene Brief übersandt worden. Ein Sprecher der Landesregierung teilte Herrn Dr. Hildebrand im Auftrage des Ministerpräsidenten mit, Herr Börner habe den Brief mit Interesse gelesen und sei an einer Klärung der Fragen zu diesem Subsidienvertrag sehr interessiert. Er habe deshalb einen namhaften Betrag an die Kurhessische Hausstiftung überwiesen. Wissenschaftliche Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen seien in etwa 3 Jahren zu erwarten. In die Auseinandersetzung in der "Veranstaltungsgesellschaft 200 Jahre Brüder Grimm" könne die Landesregierung jedoch nicht ein greifen.

  

Zusammengestellt gemäß Beschluß von Hauptvorstand und Hauptausschuß des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde e.V. Kassel vom 13. September 1985 von

Friedrich Herzog

   

BERICHTE

   

"Alltagsgeschichte" -, was meint das?

Bericht über eine Podiumsdiskussion auf dem 35. Historikerkongreß
in Berlin am 6. Oktober 1984

Die Bezeichnung "Alltagsgeschichte" ist eine Kürzel für die täglich, alltäglich sich wiederholende Geschichte kleiner Leute. "Großmütter erzählen ihren Enkelinnen". "Die kleine Erfahrung mit der großen Politik". "Spurensicherung". "Erinnerungsarbeit" beteiligter Personen anhand der erfahrbaren Vergangenheit. "Oral history". Im Juni 1984 hatte in Berlin ein "Geschichtsfest" stattgefunden, mehr als 700 Mitarbeiter von "Geschichtswerkstätten" hatten sich getroffen, die "Geschichte von unten" praktizieren. "Geschichtswerkstatt", - das ist ein formloser Zusammenhalt von Personen, die sich in ihrer Freizeit einer Geschichtsforschung für ihre Zwecke widmen, veröffentlicht in Broschüren und "grauen Papieren". Beispiele für solche Titel: "Hochlamarker Lesebuch - Bergarbeiter und Frauen aus Recklinghausen-Hochlamark haben ihre Geschichten aufgeschrieben. In Dokumenten, authentischen Fotographien, Briefen, Tagebüchern, Liedern, Anekdoten und mündlichen Berichten wird ein vielfältiges Bild von Bergarbeiterkolonien im Ruhrgebiet vermittelt". "Die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt in Hann.-Münden". "Die Geschichte alternativer Projekte von 1800-1975". "Häuserkämpfe 1872/1920/1945/1982". "Mutterliebe - Geschichte eines Gefühls vom 17. Jahrhundert bis heute". (HNA vom 28. Januar 1985). "Das Außenkommando "Münchmühle : Schüler entdecken "Nebenlager" des KZ Auschwitz in Oberhessen" (Geschichtsdidaktik 3/1984).

  

Ich nenne diese Titel, um klarzumachen, worum es geht. Und ich nenne diese Titel, um sagen zu können, daß die Linken unter den Hochschulhistorikern, international renommierte Fachleute und Sozialdemokraten mit großer Leidenschaft und mit großer Überzeugungskraft diese "Alltagsgeschichte" abgelehnt haben. Ich zitiere den Bielefelder Historiker Hans-Ulrich Wehler mit seinen Argumenten auf seiner Polemik auf dieser Diskussion am 6. Okt. 1984 in Berlin:

    - Alltag an sich gibt es nicht. "Alltagsgeschichte" ist zu eigener Begrifflichkeit nicht fähig.

    - "Alltagsgeschichte" benutzt Begriffe der Ethnologie, und diese bedürfen der Selbstaufklärung, haben nur begrenzte Reichweite und Repräsentativität.

   

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