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August Woringer (1855-1945) zum Gedenken

Geschichtliche Fakten und Zusammenhänge zu ergründen und ins rechte Licht zu rücken, ist zweifellos in erster Linie die Sache von Fachhistorikern, von Wis senschaftlern, die sich von Studium und Beruf her mit der Vorzeit befassen. Immer wieder tauchen aber auch Menschen aus anderen Sparten und Ständen auf, die erfolgreich im Schacht der Vergangenheit schürfen. Liebe zur Heimat ist da oft die große Triebfeder. Manchmal verfügen gerade diese Amateur-Forscher über das Talent, ihren Mitmenschen historische Abläufe besonders eindringlich und anschaulich in Wort und Schrift zu vermitteln. Aus dem Kasseler Bereich seien beispielhaft genannt: der Sanitätsrat Dr. Karl Schwarzkopf, der General Gustav Eisentraut und der Senatspräsident i.R. Hermann Bettenhäuser.

  

In diese Reihe gehört auch ein Mann, der vor 130 Jahren in Kassel geboren wurde: der Zolldirektor August Woringer. Am 22. Oktober 1855 kam er als Sohn des Rechnungsrats Jean Woringer und dessen Frau Franziska geb. Collmann zur Welt. Nach dem Besuch des Friedrichsgymnasiums wurde er wie sein Vater Beamter. Er begann als Zoll-Supernumerar bei der Steuerverwaltung, arbeitete sich bis zum Direktor empor und trat nach 47jähriger Dienstzeit 1924 in den Ruhestand. In diesem Jahr erschien auch die von ihm verfaßte "Einführung in das Zoll- und Verbrauchssteuer recht".

  

So hingebungsvoll und erfolgreich Woringer in seinem Beruf auch wirkte, seine große Liebe galt der hessischen Geschichte. Das zeigte sich bereits beim Gymnasiasten: ein Großteil seiner Freizeit verbrachte der Jüngling im Lesesaal der Landesbibliothek und schuf sich hier eine solide Grundlage für seine spätere beachtliche Geschichtskenntnis. Selbstverständlich fand er früh den Weg zum Hessischen Geschichtsverein, rückte in den Vorstand auf und wurde schließlich Ehrenmitglied des Kasseler Zweigvereins und des Gesamtvereins.(Die Historische Kommission für Hessen und Waldeck wählte ihn 1921 zum Mitglied). Hier im Geschichts verein verblüffte er auf Grund seines phänomenalen Gedächtnisses immer wieder durch hervorragende Kenntnis der Kasseler Lokalgeschichte. Kein Vortragsabend ging vorüber, ohne daß er zum Thema wesentliche Ergänzungen, oft in humoriger Weise, zu geben wußte. Uneigennützigkeit und unermüdliches Fördern auch des historischen Schaffens anderer gehörten zu seinen bemerkenswerten Eigenschaften.

  

Natürlich pflegte Woringer auch einige Spezialgebiete, über die er Vorträge hielt und über die er Beiträge veröffentlichte, so in der Zeitschrift des Geschichtsvereins, im "Hessenland", in den "Nachrichten der Gesellschaft für Familienkunde", aber auch in Zeitungen. Natürlich behandelte er auch Themen aus seinem Berufsgebiet; einige Aufsätze seien genannt: "Zoll und Schmuggel in Hessen", "Aus der Geschichte des Kasseler Zolls", "Abgaben und Dienste in Wehlheiden", "Das Kasse ler Lotto".

  

Woringer trat 1876 als Einjährig-Freiwilliger ins Infanterie-Regiment 83 seiner Vaterstadt ein; 1880 wurde er Leutnant der Reserve. Militärischen Themen widmete er später besondere historische Beachtung in vielen Abhandlungen, u.a. "Die Kgl. Westfälische Feldpost", "Das kurhessische Hauptquartier 1814", "Ausländer als Offiziere im kurhessischen Heer", "Ein Kasselaner im Stabe Washingtons". Da Woringer allmählich als bester Kenner der Soldatengeschichte galt, bat ihn das Kasseler Landesmuseum um die Katalogisierung seiner Bestände an Uniformen und Militär-Fahnen.

  

Im Mai 1885 heiratete Woringer in Gudensberg Sophie Brunner. Sie entstammte einer hessischen Familie, die bis in unsere Tage dem Land bedeutende Persönlichkeiten geschenkt hat. Um nur eine zu nennen: Sophie Brunner war die älteste Schwester

 

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