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Das Stadtmuseum ist Kassels jüngstes Museum. Es wurde 1979 gegründet und konnte seitdem reichhaltige Bestände zur Sozial- und Kulturgeschichte der Stadt und ihrer Einwohner aufbauen. Bisher stehen im Erdgeschoß des Kulturhauses am Ständeplatz - völlig unzureichend! - 230 qm Ausstellungsfläche zur Verfügung. Weitere 300 qm sollen nun 1988 im ersten Stock hinzukommen, sobald das documenta-archiv ausgezogen sein wird. Ebenso wurden Verbesserungen für die Personalsituation des Museums angekündigt. Die Erweiterung der Ausstellungsfläche des Museums im Kulturhaus am Ständeplatz läßt dieses schon zu einem "Stadtmuseum" werden, wenn auch noch in sehr unvollkommener Form. So wird der Kunstverein, zumindest in nächster Zeit, das dritte Geschoß für seine Ausstellungen nutzen. Das Erdgeschoß steht in seiner Gesamtheit der Schausammlung zur Verfügung: Hier dokumentiert eine Basisausstellung die Stadtgeschichte von 913 bis 1913 in Schlaglichtern (s. u. Themenbereiche 3.1 - 3.6). Im Obergeschoß ist Raum für die Kasseler Geschichte bis zur Gegenwart (Themen 3.7 - 3.9), für eine Dokumentation der Geschichte der Juden in Kassel und für wechselnde Ausstellungen. Im Untergeschoß bleibt ein kleiner Raum für die Geschichte und Kultur der heute eingemeindeten Dörfer (Themenbereich 3.10).

Dieses Nahziel in der Verbesserung der Museumsarbeit soll keine endgültige Lösung darstellen. Nach wie vor wird um den günstigeren Standort Garnisonskirche in unmittelbarer Nähe des Königsplatzes gestritten. Hier steht die Aufgabe des Stadtmuseums, das historische Bewußtsein in und für Kassel zu wecken, in unmittelbarem Zusammenhang mit Problemen der Innenstadtplanung: Der Wiederaufbau der Garnisonskirche bietet die einmalige Möglichkeit der Stadtreparatur in diesem Viertel und die Chance, das Stadtbild selbst als Zeuge der Geschichte erlebbar, zu machen.

Immerhin wird ab 1988 im Kulturhaus am Ständeplatz ein Teil der Konzeption des Museums, die seit seiner Gründung 1979 erarbeitet und von den städtischen Gremien vertreten wurde, verwirklicht. Sie wird daher auch alle Geschichtsfreunde außerhalb Kassels interessieren, da die Vergangenheit unserer Stadt auf das Engste mit der Landesgeschichte verbunden ist. Auch wenn letztere in Zukunft den Staatlichen Sammlungen vorbehalten bleibt, ergeben sich für die spezifisch städtische Geschichte besondere Bedingungen aus der Tatsache, daß Kassel über 600 Jahre die Haupt- und Residenzstadt Hessens war, Bürgerschaft und Rat sich immer Hof und Regierung am gleichen Ort gegenüber sah.

1. Sachliche und geographische Abgrenzung der Museumsarbeit

Im Gegensatz zu den Kasseler Kunstsammlungen und Spezialmuseen mit überregionaler Bedeutung soll das Stadtmuseum die Geschichte des eng umgrenzten Kasseler Raumes, des heutigen Stadtkreises Kassel ("Kasseler Becken"), vor Augen führen.

Die Funktion, die Kassel als Hauptstadt (ab 1866 Hessen-Nassaus) hatte, haben Selbstverständnis und Selbstdarstellung der spezifisch städtischen Elemente gegenüber den fürstlich-staatlichen zurücktreten lassen. Das Stadtmuseum hat nun die Aufgabe, die Kräfte, die im städtischen Gemeinwesen liegen, in ihrer Entwicklung durch die Geschichte herauszuarbeiten, darzustellen und für die Gegenwart fruchtbar zu machen. Hier sollen Bürger und Fremde das Phänomen "Stadt Kassel" in seiner Beispielhaftigkeit für die allgemeine Geschichte, aber auch in seiner Einzigartigkeit erkennen. Aus diesen Gründen beginnt die Arbeit des Stadtmuseums zeitlich erst mit der Epoche, in der "Kassel" als geschichtliche Größe faßbar wird, mit der Zeit des fränkischen Königshofes Chassalla, der 913 zum ersten Mal bezeugt wird. Die Vor- und Frühgeschichte bleibt ausgeschlossen, sie kann im Hessischen Landesmuseum im größeren Zusammenhang wirkungsvoller dargestel1t werden.

Im Stadtmuseum wird die besondere Betroffenheit im überschaubaren und erlebten geographischen und biographischen Rahmen museumsdidaktisch genutzt. Hier finden die Einwohner Kassels ihre Geschichte und arbeiten aktiv am Aufbau der Sammlung,

 

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