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liegt eine bestimmte museumspädagogische Konzeption zugrunde, mit der wir (Gunnar Richter als hauptamtlich in der Gedenkstätte tätiger Pädagoge, Horst Haase und Peter Schroeder als teilzeitabgeordnete Lehrer und ich) versuchen neue Wege zu gehen. Als Stichworte können der "dokumentarische Charakter" der Ausstellung selbst, die "besondere Bedeutung des historischen Ortes", die "Vergegenwärtigung des Geschehenen" und das "Gespräch mit den Besuchern", das von der forschungsbezogenen Kompetenz des die Besucher Begleitenden ausgeht, genannt werden16). Dies schließt die Frage ein, inwieweit vorliegende Deutungen des Nationalsozialismus Jugendliche heute überzeugen können; wahrscheinlich sind auch hier neue Wege zu gehen17). Diesen Fragen gehe ich gemeinsam mit Rudolf Messner nach; unsere Seminare zu dem Thema "Nationalsozialismus in der Literatur" sollen im Laufe dieses Jahres in Form eines "Leseheftes" abgeschlossen werden, damit sie von Lehrern und Schülern erprobt werden können.
 

2.5  Alfons Labisch und Florian Tennstedt: Forschungen zur Sozial- und Gesundheitspolitik in der NS-Zeit

Unsere Forschungen galten und gelten in erster Linie der Gesundheits- und Wohlfahrtspolitik in der Endphase der Weimarer Republik und der NS-Zeit. Die Entwicklung in der Provinz Hessen-Nassau war dabei vielfach der Ausgangspunkt und exemplarisches Demonstrationsobjekt aufgrund der recht guten archivalischen Überlieferung. Die Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf publizierte 1985 ihre große Untersuchung über den "Weg zum Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3. Juli 1934. Entwicklungslinien und -momente des staatlichen und kommunalen Gesundheitswesens in Deutschland". Diese Arbeit enthält auch Angaben über den Umfang der Berufsverbotspraxis im Jahre 1933 und ergänzt damit die früheren Forschungen von Stephan Leibfried und Florian Tennstedt (Berufsverbote und Sozialpolitik 1933, 3. Aufl., Bremen 1981). Im Rahmen seiner Forschungen zur Geschichte der Wohlfahrtspflege trug F. Tennstedt in der IAG auch über die Vorgeschichte des WHW (Winterhilfswerk) und den NS-Ärztebund in Stadt und Kreis Wetzlar vor, in gekürzter Form wurde der Vortrag "Wohltat u. Interesse. Das Winterhilfswerk des Deutschen Volkes. Die Weimarer Vorgeschichte u. ihre Instrumentalisierung durch das NS-Regime" in "Geschichte u. Gesellschaft", Jg. 13, 1987, H. 2, S. 157-180, publiziert. Unsere zukünftigen Forschungen werden vor allem den rassenhygienischen Konzepten und deren praktischer Umsetzung gelten. Ein Schwerpunkt wird dabei vor allem bei den rassenhygienischen Forschungen über sog. Asoziale liegen und der Mitwirkung des Gießener, später Frankfurter Rassenhygienikers Heinrich Wilhelm Kranz bei der "Erfassung" der Gemeinschaftsunfähigen und Gemeinschaftsfremden.
  

Unter Federführung von F. Tennstedt plant die IAG NS in Hessen die Erstellung eines "Archivlotsen", der die in Arbeit befindliche Bibliographie zur Geschichte der NS-Zeit in Hessen ergänzen soll. Aufgrund anderweitiger, dringender Arbeiten wurde die schon begonnene Arbeit daran vorerst zurückgestellt, auch soll bis zur Publikation die Verabschiedung des Hess. Archivgesetzes ebenso abgewartet werden wie das Vorliegen der Ergebnisse des grundlegenden Projektes am Hessischen Hauptstaatsarchiv.

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16) D. Krause-Vilmar: Zum Umgang mit dem Nationalsozialismus an den Orten des  Schreckens, in: Neue Sammlung 27 (1987), Heft 3, S. 356-363

17) Vgl. D. Krause-Vilmar: Das Lager als Lebensform des Nationalsozialismus, in:  Pädagogische Rundschau 38 (1984), S. 29-38

 

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