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Kunden waren allerdings anderer Meinung: von der Studie Dieter Vaupels sind drei Auflagen erschienen, die nahezu ausverkauft sind.
  

Die einzige Arbeit unserer Schriftenreihe, die im Ort selbst nicht auf vehementen Widerspruch stieß, war die Untersuchung der damaligen Studentin (und Frau des Eiterhagener Pfarrers) Maili Hochhuth über die Schulerfahrungen zweier "Jahrgänge" (der 1941 und 1942 schulentlassenen) im Dorf Wattenbach (Söhrewald). "Schulzeit auf dem Lande" in der Nazizeit (Auflage 1.500 Ex.) wurde durch das Auffinden alter Schulchroniken, Fotos und Briefe, auch älterer Zeugnisse und Urkunden wieder verstellbar. Die Studie erschien im August 1985. Freilich kann die Erinnerung an die eigne Schulzeit (in einem dörflichen Rahmen, der z.B. keine Juden hatte) sich in engeren Bahnen halten als die Begegnung mit ausgehungerten KZ-Gefangenen auf dem Wege zur Arbeit (wie in Hessisch Lichtenau). Im Juli 1985 erschien "Sprengstoff aus Hirschhagen" (1. Auflage 1.500 Ex.), eine Arbeit, die in Hess. Lichtenau von verschiedener Seite heftigen Widerspruch auslöste. Die Reaktionen waren zuweilen merkwürdig. Wir hatten erwartet, daß aus der Bevölkerung auf die zentralen bedrückenden Fragen der Untersuchung in irgendeiner Art und Weise "inhaltlich" eingegangen würde. Dies ist sicher auch in vielen Fällen geschehen. Andererseits erschien es uns doch nicht ganz untypisch zu sein, daß eine Gastwirtin einen Anwalt bemüht hat, weil sie sich durch eine "lockere" Bezeichnung Ihrer Wirtschaft (seitens der Autoren) diskriminiert und geschäftlich geschädigt sah. Wolfram König und Ulrich Schneider - beide damals im Studiengang Architektur/Stadt- und Landschaftsplanung studierend - hatten durch die Verbindung von historischen Fragen mit aktuellen ökologischen Problemen - der Verseuchung von Wasser, Boden und Luft als Spätfolge der Munitionsherstellung des 2. Weltkrieges - auch aktuellen politischen "Sprengstoff" gezündet.
  

Im Juni 1986 veröffentlichen wir als "Werkstattbericht" unserer Bildungsarbeit "Mauern des Schweigens durchbrechen. Die Gedenkstätte Breitenau". In diesem Heft (Auflage 1.000 Ex.) kommen die ehemaligen Schutzhaftgefangenen des Konzentrationsund Arbeitserziehungslagers Breitenau, das 15 km südlich von Kassel an der Bundesautobahn in Guxhagen im ehemaligen Klostergebäude eingerichtet worden war, soweit wir mit ihnen gesprochen oder korrespondiert haben, selbst zu Wort. Auch berichten wir von unseren Erfahrungen, unseren Bildungsbemühungen, von den Pro blemen und Schwierigkeiten unserer Arbeit.
  

Als zehntes Heft erschien im Herst [Herbst] 1986 Jürgen Raabes Studie über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiter in der Kurhessischen Kupferschieferbergbau Sontra (Richelsdorfer Gebirge) (Auflage 1.000 Ex.). Auch Jürgen Raabe wurde, als er sein Buch in der dortigen Gegend zum Verkauf anbieten wollte, beschimpft und aus einem Laden hinausgeworfen. Diese heftigen Reaktionen deuten darauf hin, daß das Thema noch Brisanz hat, den einen oder anderen sofort in "Rage" bringt. Ist sie doch noch nicht ganz vergangen, die Vergangenheit?
  

Im Jahr 1987 haben wir uns vor allem den korrigierten und erweiterten Neuauflagen von "Sprengstoff aus Hirschhagen" und "Als jüdische Schülerin entlassen" gewidmet. Wolfram König und Ulrich Schneider, deren Arbeit in der letzten Zeit im Rahmen der Altlastendiskussion häufig durch die Medien ging, berichten in der zweiten Auflage von den Reaktionen auf das Buch und ihrer Arbeit vor Ort. "Als jüdische Schülerin entlassen" wurde um einen längeren Anhang erweitert, in dem die Briefe ehemaliger Schülerinnen aufgenommen wurden, die den Autoren - dies erfuhren wir nicht selten bei unseren Veröffentlichungen! - nach Erscheinen der ersten Auflage zugegangen waren. Einige davon beziehen sich bzw. reagieren auf die in der ersten Auflage erschienenen Briefe und lassen einen Blick auf den längst nicht abgeschlossenen Prozeß des Erinnerns und Nachdenkens zu.
  

Zu unserer materiellen Situation: Unsere Reihe erscheint im Verlag der Gesamthochschulbibliothek Kassel; dies hängt damit zusammen, daß die Veröffentlichungen auf Studien an unserer Hochschule zurückgehen. Die Schriftenreihe ist ein Non- [Nonprofit-Unternehmen]

 

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