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So ist das Seminar zunächst mit Lehrern gut versorgt, Probleme aber tauchen schon auf, als Rosenbach 1827 stirbt. Noch können seine Unterrichtsverpflichtungen ohne größere Schwierigkeiten von dem jetzt die Bezeichnung "Oberlehrer" führenden Moses Büdinger und dem Zweiten Lehrer Joseph Lessong aufgefangen werden, die wiederum Salomon Leviseur zunehmend entlastet. Die Situation ändert sich schlagartig, als Büdinger am 28. Januar 1841 einem Herzversagen erliegt. Er war die Seele des ganzen Unternehmens und die von Lehrern, staatlichen und jüdischen Behörden uneingeschränkt anerkannte Autorität. Das Vorsteheramt weiß, daß er nur schwer zu ersetzen ist, "weil Lehrer von der Gesinnung, dem guten Willen und Eifer ... überhaupt selten sind." Nicht allein sein warmherziger Unterricht, sondern "sein Leben und sein Beispiel", die den Geist der Schule geprägt hätten, verpflichteten zu einer sorgfältigen Auswahl des Nachfolgers. Er müsse "ein guter Schulmann überhaupt", ein vorzüglicher Religionslehrer im besonderen sein und umfassende Fachkenntnisse in der hebräischen Sprache, der Bibel und ihrer Ergänzungswissenschaften und der Religions- und Unterrichtsliteratur nachweisen können.29) Der Festsetzung dieser hohen Anforderungen fügt das Vorsteheramt aber gleich hinzu, es fürchte, daß die zur Verfügung stehenden Geldmittel wenig Aussicht böten, einen Mann zu gewinnen, "den man mit rechter Zuversicht an Büdingers Stelle berufen könnte." Damit sind schon die Zeichen gesetzt, die langwierige Verhandlungen erwarten lassen: hohe Qualifikation mit entsprechenden Gehaltsansprüchen des Bewerbers und leere Kassen der anstellenden Behörde. Die Regierung erklärt sich zunächst mit einer Übergangslösung einverstanden: der Landesrabbiner Dr. Romann übernimmt einen Teil der Unterrichtsverpflichtungen Büdingers und die Inspektion, Lessong und Leviseur teilen sich die organisatorischen, disziplinarischen und curricularen Aufgaben; zwei Hilfslehrer werden eingestellt.

Als der Schulrat Vogt merkt, daß sich das Vorsteheramt auf das Provisorium als Dauerzustand einrichtet, drängt er auf die Wiederbesetzung der Oberlehrerstelle. Das Vorsteheramt zögert und erklärt, das Gehalt Büdingers sei aufgezehrt durch die Rente für die Witwe, Verbesserungen der Seminarausstattung, berechtigte Gehaltserhöhungen für Lessong und Leviseur und die Vergütung von Hilfslehrern, "ohne daß auch nur das mindeste zur Konstituierung eines nur einigermaßen präsentablen Oberlehrergehaltes verfügbar bliebe." Außerdem sei es den bewährten Lehrern Lessong und Dr. Leviseur schwer zuzumuten, daß ihnen ein junger, von auswärts kommender Lehrer vorgesetzt werde. Rettung könne nur ein von allen Provinzen getragenes neues Zentralseminar sein, das die finanziellen Probleme löse und die Lehrer ohne Gesichtsverlust in das Kollegium eingliedere.

Vogt reagiert schärfer: das Zentralseminar sei schon früher vom Ministerium abgelehnt worden; auch "das Seminar in seinem dermaligen Umfange (könne) eines zuverlässigen Oberlehrers nicht entbehren", da es sonst nicht einmal "nur in seiner bisherigen Mittelmäßigkeit zu erhalten sey, im Gegentheil bei längerer Fortdauer der bisherigen dilatorischen Maasregeln dasselbe voraussichtlich mehr und mehr in Verfall gerathen wird." Im übrigen sei es den beiden Lehrern unbenommen, sich selbst um die Stelle zu bewerben. Unter Androhung einer Geldstrafe von 10 Rthlrn. ordnet er am 19.1.1842 kurzerhand an, die Stelle in in- und ausländischen Fachzeitschriften und Zeitungen binnen 14 Tagen auszuschreiben. Gleichzeitig findet er sich aber zu dem Kompromiß bereit, sie als einfache Lehrerstelle, allerdings mit den genannten Qualifikationsmerkmalen, zu deklarieren, es bei der provisorischen Leitungsstruktur zu belassen und damit Erfahrungen zu sam- [sammeln]

 

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