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schiedet [verabschiedet] worden, und das enthält für die Verbindung einer öffentlichen Volksschule mit einem privaten Lehrerseminar einige Fußangeln: Es schließt z. B. Schulen, welche mit Anstalten verbunden sind,1 und dazu gehören Seminarübungsschulen, vom Gesetz aus. Nun überträgt aber gerade das neue Gesetz altpreußische Bestimmungen für öffentliche israelitische Volksschule auf das ehemalige Kurhessen. Danach haben die Juden im Falle der Errichtung einer eigenen öffentlichen Schule eine Beihilfe aus Kommunalmitteln zu fordern.2 Und die "Erste Ausführungsanweisung" vom 25. Februar 1907 bestimmt dann: Die Beihilfe ist unter Berücksichtigung der gesamten in Betracht kommenden Verhältnisse ... in billiger Weise zu bemessen. Die Feststellung der Höhe ist zunächst der gütlichen Vereinbarung der Beteiligten zu überlassen. Falls eine Verständigung nicht zu erreichen ist, hat die Königliche Regierung zu berichten.3

Durch die Forderung des Provinzial-Schulkollegiums gerät das Vorsteheramt insofern in eine Zwickmühle, als es Interesse daran haben muß, daß die Seminarübungsschule zugleich eine öffentliche Volksschule ist,4 die der Stadtschuldeputation als Kommunalinstanz untersteht. Nach langen Verhandlungen, in denen das Provinzial-Schulkollegium immer wieder drängt, den "Dualismus" von Schule und Seminar zu beenden, erklärt das Vorsteheramt am 08.05.1909 definitiv, daß nach seiner Auffassung die Elementarschule aufgrund des Gründungsreskripts von 1824 als öffentliche Schule errichtet worden sei. Folglich unterstehe sie der Bezirksregierung und es dürfe nicht möglich sein, sie durch einen einfachen Verwaltungsakt dieser Aufsicht zu entziehen. Im übrigen habe das Provinzial-Schulkollegium doch jederzeit Gelegenheit, bei den von ihm kontrollierten Unterrichtsstunden der Seminaristen korrigierend einzugreifen. Die Notwendigkeit dieser Volksschule mit 62 Kindern sei unbestritten, ihre Umwandlung in eine reine Seminarübungsschule aber abhängig von der israelitischen Gemeinde, die damit auf die Ansprüche auf Unterstützung verzichten würde, die sie seit dem 7. April 1908 aufgrund des Schulunterhaltungsgesetzes der Stadt Cassel gegenüber erworben hat. Diese Zustimmung zu erlangen erscheint uns wenig wahrscheinlich, jedenfalls sind . . . infolge der veränderten Rechtslage neue eingehende Verhandlungen erforderlich, vor allem mit der Stadt Kassel darüber, daß in der Anerkennung der Schule als öffentliche Volksschule eine Änderung nicht eintritt.

Diese Verhandlungen müssen hier ausgespart bleiben. Angemerkt sei nur kurz, daß die Stadt sich weigert, für eine Schule, die nur Kinder aus acht ortsansässigen Familien unterrichtet, während 58 Kinder christliche Schulen besuchen, städtische Mittel zur Verfügung zu stellen. Sie sei nur ein Anhängsel des Seminars, das ohne Übungsschule nicht bestehen könne.5

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1 Bremen, E. v.: Das Schulunterhaltungsgesetz, 2. Aufl., Stuttgart, Berlin 1908, S. 185.

2 Ebd. , S. 112.

3 Ebd. , S. 193.

4 StAM, Best. 152, Pr.-Sch. Nr. 2147. Ebd. alle folgenden Zitate.

5 StAM, Best. 166 b. Regierung Kassel, Nr. 3893.

 

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