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Die Gedenkveranstaltungen, die seit 1985 an die Einwanderung der Hugenotten in Hessen erinnern, lenken auch immer wieder Aufmerksamkeit auf die Hugenottenkolonie Louisendorf bei Frankenberg und ihre Namensgeberin Prinzessin Maria Louise von Hessen-Kassel (1688 - 1766). Diese Tochter des Landgrafen Karl (1677- 1730) festigte durch ihre Ehe mit Johann Wilhelm Friso von Oranien-Nassau (1687- 1711) jahrhunderte alte Beziehungen zwischen den beiden Fürstenhäusern, die durch die Persönlichkeit der Prinzes sin für das 18. Jahrhundert neue Bedeutung erhielten. Nach dem Tode ihres Gemahls 1711 führte ihr Vater, Landgraf Karl, die Vormundschaft für ihren unmündigen Sohn Wilhelm, der zum Stammvater des heute in den Niederlanden regierenden Königshauses wurde. Ihre Brüder Karl (1680- 1702), Wilhelm (1682- 1760), Leopold (1684- 1704) und Ludwig (1686- 1706) traten bereits vor ihrer Heirat in niederländische Dienste. Die Statthalterschaft Wilhelms in Maastricht und Breda, seine Prägung durch die holländische Lebensart und die berühmte Gemäldesammlung, die er mit nach Hessen brachte, haben Poli tik, Wirtschaft und Kunst des 18. Jahrhunderts in Hessen stark beeinflußt, seitdem (1730) Wilhelm hier als Statthalter für seinen Bruder, König Friedrich von Schweden, und seit 1751 als Landgraf Wilhelm VIII. regierte. Sein Enkel, Prinz Friedrich von Hessen-Kassel (1747 - 1837), wich als Statthalter von Maastricht erst den französischen Revolutionsheeren. Die hier angedeuteten Beziehungen und ihr Niederschlag in Hessen - auch die Baumeister-Familie Du Ry kam von Maastricht nach Kassel, Karlsaue und Wilhelmsthal bezeugen noch heute die niederländische Prägung! - sollen hier nicht weiter ausgeführt werden.

Dennoch möchte ich ein Versäumnis wieder gutmachen: In Hessen blieb der 300. Geburtstag der zentralen Figur in diesen hessisch-niederländischen Verbindungen, der Prinzessin Maria Louise von Hessen-Kassel, völlig unbeachtet. Erst der groß aufgemachte ganzseitige Artikel von W. H. Smith im niederländischen "Reformatorisch Dagblatt" vom 4. Februar 1988 erinnerte an den verpaßten Gedenktag. Der Vorsitzende des Rotenburger Geschichtsver eins, Dr. Friedrich Herzog, schickte mir im Mai 1988 dieses holländische Zeitungsblatt, das für das Geburtsland der Gefeierten nicht eben schmeichelhaft war. Ich möchte dennoch den hessischen Lesern den Inhalt dieses reichbebilderten Artikels in leicht gekürzter und bisweilen korrigierter Fassung mitteilen und stütze mich dabei auf die Übersetzung, die freundlicherweise die nie derländische Studentin in Kassel, Marja Jongenelen, angefertigt hat. Maria Louise lebt von 1688 bis 1766, wird mit 23 Jahren Witwe und ist bis zur Mündigkeit ihres erst nach dem Tod ihres Mannes geborenen Sohnes von 1711 bis 1731 Regentin:

Prinzessin Maria Louise, Oraniens Pfannkuchen-backende Stammutter, ist in ihrer Geburtsstadt Kassel unbekannt.

Dreihundertjahrfeier der gottesfürchtigen und populären Marijke Meu

Prinzessin Maria Louise, die Gemahlin von Johann Wilhelm Friso, war aufgrund ihrer Bescheidenheit, Freundlichkeit und Wohltätigkeit beliebt und bekannt. Die oraniertreuen Friesen nennen sie immer noch Marijke Meu (Tante Marijke). Ein Zimmer in Leeuwarden erinnert an sie. Die originale Goldtapete klebt noch an den Wänden, erzählt der Museumsdirektor des "Princessehofs" stolz. In der Geburtsstadt von Maria Louise sieht es trauriger aus. Dort kennt man sie nicht mehr. Das Kasseler Fremdenverkehrs-Fräulein starrt mich verdutzt an. Lachend sagt sie: Ich bin Maria Louise.

 

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