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Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstörten die landgräflichen Schlösser von Kassel. Hier wurde Maria Louise am 7. Februar 1688 geboren. Auch die Kasseler Stadtbibliothekarin weiß wenig über die zweite Stammutter unseres Fürstenhauses zu erzählen. In staubigen Büchern stehen die wenigen bekannten Tatsachen1.

Maria-Louise, das elfte Kind von Landgraf Karl I. und Maria Amalia, erblickte morgens zwischen sieben und acht Uhr das Lebenslicht. Bei ihrer Geburt le ben noch fünf Geschwister, von den Kindern, die nach ihr geboren werden, bleiben zwei Jungen und ein Mädchen am Leben. Dreizehn Tage nach ihrer Geburt wird Maria Louise getauft. Die Kurfürstin von Brandenburg und Prinzessin Maria (II.) Stuart, die Frau des Statthalter-Königs Wilhelm III., lassen sich als Paten bei der Tauffeier vertreten. Dadurch, daß sie Maria Louise bei der Taufe halten, verbürgen sie sich symbolisch für die christliche Erziehung des Kindes.

Maria Louise verbringt ihre Jugend in Kassel. Unter der Regierung ihres Va ters kommt die hessische Hauptstadt an der Fulda zu großer Blüte. Vater Karl ist ein Feldherr von Format; er überläßt als erster Fürst gegen Subsidien hessische Truppen an befreundete Nationen. Das protestantische Hessen ist zu jener Zeit das militärischste Fürstentum Europas. Die Einkünfte aus diesen Leistungen kommen der Bevölkerung zugute.

Darüber hinaus öffnet Karl, ein Nachkomme Landgraf Philipps von Hessen - jenes Bewunderers Luthers - 1685 (nach Widerrufung des Ediktes von Nantes) als erster Deutscher die Grenzen für Hugenotten und Waldenser. Gelehrte, Künstler, geschulte Handwerker und fleißige Bauern finden in der Landgraf schaft eine neue Lebensgrundlage.

 

Tiefe Frömmigkeit
Maria Louise ist ein zartes und anhängliches Kind. Sie nimmt im Herzen ihres Vaters einen besonderen Platz ein. Bis zu seinem Tod (1730) bleibt der Landgraf ein Berater seiner tres chere fille Maria. Er kümmert sich wenig um die Erziehung seiner Töchter. Maria Louise bekommt eine religiös bestimmte Er ziehung durch ihre stille Mutter. Von ihr erbt sie den zarten Charakter und die tiefe Frömmigkeit. Von Jugend an prägt die Tochter von Herzog Jakob von Kurland (eine Landschaft im Süden Lettlands) ihrer Tochter Maria Louise ein, daß ein schlichter Lebensstil eine Tugend für eine Fürstin ist. Neben viel religiöser Unterweisung bekommt sie Unterricht in Lesen, Schreiben, Rechnen und Französisch.

Schon früh zeigt sich bei Maria Louise ein reges Interesse für die Bibel und die Bücher der Reformation. Ihre zwei Schwestern haben einen zu großen Altersabstand von ihr, als daß sie mit ihr spielen könnten, und die kriegeri schen Brüder unternehmen wahrscheinlich zu wilde Spiele. Am liebsten sitzt sie mit einem Buch in einer Ecke. Am 8. April 1703 legt Maria Louise das Glaubensbekenntnis [Konfirmation] ab.

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l   Anm. d. Hrsg.: Leider kam der Autor W. H. Smith nicht ins Stadtmuseum, wo er ein schönes Portrait der Prinzessin neben anderen Erinnerungen und natürlich das Wissen um ihre Bedeutung gefunden hätte.

 

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