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Daß es im Zusammenwirken von Wissenschaftlern, ehrenamtlichen Museumsleuten und Museumsgestaltern gleichwohl auf breiter Front versucht wurde, war die entscheidende Weichenstellung der 60er Jahre. Ich kann die Namen, die daran in Hessen vor allem beteiligt waren, wegen der großen Zahl hier nicht nennen, will aber wenigstens Karl Dielmann, Hans Stubenvoll und Wilhelm Schaefer, die längst nicht mehr unter uns weilen, in Erinnerung rufen. Besonders verdienstvoll aber war, wieviel ehrenamtlich für unser Museumswesen in Hessen tätige Bürger sich diesem grundlegenden geistigen Neubeginn aktiv anschlössen. Wenn ich Hessen einmal in der Süd-Nord-Achse von Michelstadt im Odenwald bis nach Lippoldsberg an der Weser überflöge, so würden mir wohl viele Namen in den Sinn kommen, denen unser Land Hessen außerordentliches verdankt, weil sie seine Heimat-, Regional- und Spezialmuseen weit nach vorn gebracht haben.

Nun zu Helmut Burmeister: Auch er ein geborener Sammler, nicht minder im Museumswesen ein Autodidakt, dazu ein Mann, der Geschichte nicht studiert, aber zu seinem Hobby gemacht hat, was ihm manche Ehren im Landkreis und im Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde eintrug und eine Fülle ehrenamtlicher Engagements brachte, von denen ich nicht weiß, wie er sie alle schafft. Das Hofgeismarer Stadtmuseum übernahm er 1977, gab ihm zusammen mit Freunden und aktiven Mitarbeitern eine neue Konzeption, die er nun schon im zweiten neuen Museumsdomizil Schritt für Schritt verwirklicht. Von der Ur-und Frühgeschichte zur mittelalterlichen und bäuerlichen Töpferei, zur Stadtgeschichte, zur Geschichte des Bades Hofgeismar und zur Garnisongeschichte, zum Lebenswerk des vor wenigen Jahren verstorbenen Keramikers Rolf Weber, zum Nachlaß des Hofgeismarer Bildhauers, Malers und Graphikers Wilhelm Huegues usw. führt eine klare Linie.

Hochbedeutsam und wegweisend ist aber die Aufnahme des Themas "Minderheiten", für das Burmeister in den neuen Abteilungen "Hugenotten und Waldenser" und "Geschichte der jüdischen Bevölkerung Nordhessens" eine erstaunliche Fülle von Exponaten, darunter die wohl größte Sammlung hugenottischer Bibeln, zusammengebracht hat. Ich jedenfalls bin von der Art der Darstellung beider Themen - vor allem aber der jüdischen Geschichte, wie sie aus der Zusammenarbeit Burmeisters mit Dieter Freiherr von Andrian, Michael Dorhs und auch mit Karl-Hermann Wegner entstanden ist - beeindruckt, weil sie wirklich einen Überblick über die Geschichte der Juden in Nordhessen, über ihr Leben und ihre Leistungen von den Anfängen bis zum Holokaust [Holocaust] mit vielen Namen und Lebenseinzelhei ten vermittelt, dabei aber immer eine Stadt- und religionsgeschichtliche Abteilung mit dem Thema der jüdischen Mitbürger in Nordhessen bleibt. Viele der heute noch lebenden früheren Hofgeismarer Juden aus Amerika, Holland, der Schweiz und Israel haben das Museum auf Einladung der Stadt besucht und ihm große Anerkennung gezollt. Der Talmud-Spruch "Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung" (wir dürfen "Erlösung" auch als "Versöhnung" verstehen), den Helmut Burmeister als Schrifttafel über diese Abteilung seines Museums gesetzt hat - mir scheint er hier eine wirklich gültige museale Ausprägung gefunden zu haben.

Wenn ich Eigenschaften Helmut Burmeisters besonders herausstellen wollte, käme ich in Verlegenheit. Er ist ja vieles: Museumsgründer, Sammler, Geschichtsbesessener, ein Aufklärer und Nachfahre der Aufklärung, Lehrer und Schulmann, dem es aber doch nicht gelingt, eine Schule zu gründen, weil ganz einfach sein Tempo, seine Leidenschaft zu groß

 

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