..

26

 

Schritt in Richtung Demokratisierung der Gesellschaft und Parlamentarisierung der Verfassung bedeuteten: Presse- und Vereinsfreiheit, Beseitigung feudaler Restbestände an Grundherrlichkeit, Übertragung des Jagdrechts auf die Gemeinden, Einführung von Geschworenengerichten, Einbezug des Militärbereichs in die Ministerverantwortlichkeit, Mitwirkung des Landtags an der Besetzung des obersten Gerichtshofs, Ausweitung der kommunalen Selbstverwaltung auf die Bezirksverwaltungsebene, Erweiterung der kommunalen Kompetenzen um die örtliche Polizeigewalt, Liberalisierung des Strafprozesses. Ein Versuch der liberalen Demokraten, das Vetorecht des Kurfürsten in der Gesetzgebung abzuschaffen, scheiterte allerdings.

 

Vereins- und Pressefreiheit führten zur Gründung zahlreicher politischer Vereine und Vorformen von Parteien, vor allem in den Städten. Insbesondere die Diskussionen um das zukünftige Wahlrecht führten dabei zur Ausbildung einander feindlich gesinnter demokratischer und liberaler Vereine.

 

Die in der politischen Öffentlichkeit und im Landtag geführten Auseinandersetzungen um die Demokratisierung des Wahlrechts, die fast zum Rücktritt des liberalen Ministeriums geführt hätten, mündeten in ein geheimes und direktes, an einen sehr niedrig gehaltenen Zensus gebundenes und damit 60 % der männlichen Bevölkerung erfassendes Wahlrecht für 2/3 der Landtagssitze; das restliche Drittel der Abgeordneten zu wählen, war den Höchstbesteuerten (1 Promille der Bevölkerung) vorbehalten. Die Reform fiel also auf den ersten Blick recht plutokratisch aus, doch wenn man das Fehlen einer privilegierten ersten Kammer in Kurhessen berücksichtigt, wies der kurhessische Landtag insgesamt gesehen die fortschrittlichste Struktur unter allen Landtagen der deutschen Groß- und Mittelstaaten auf.

 

In der nationalen Frage unterstützte die Märzregierung mit Unterstützung einer großen Landtagsmehrheit und unter zähneknirschender Zustimmung des Kurfürsten zunächst das Verfassungsprojekt der Paulskirchenmehrheit mit seiner kleindeutschen erbkaiserlichen Lösung. Nach dessen Scheitern schloß sich Kurhessen der preußisch dominierten Union an - zunächst mit voller Unterstützung des Landtags, aber auch des Kurfürsten, der sich davon Schutz vor republikanischen Aufständen versprach. Als die revolutionäre Gefahr nach dem Sieg der preußischen (und

 

 

..