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sich bei der Einverleibung Waldecks in Preußen um den ersten freiwilligen Anschluß eines Landes an den Preußischen Staat handelt, beabsichtige ich, dem Akt der Übernahme einen besonders feierlichen Charakter zu geben".

Der Preußische Ministerpräsident Braun war zwar mit dem „besonders feierlichen Charakter" der Veranstaltung einverstanden, er ordnete jedoch gleichzeitig an, daß die „Zahl der teilnehmenden Personen preußischerseits" möglichst klein gehalten werden sollte. Im Gegensatz zu seinem Innenminister sah Braun die nur geringe „Begeisterung" der Waldecker voraus. So war es kein Wunder, daß der Innenminister zu Beginn seiner Ansprache vom Balkon des Landtages ausgepfiffen und ohne späteren Applaus verabschiedet wurde. In Arolsen und im ganzen Waldecker Land war keine Begeisterung über den Anschluß an Preußen zu verspüren. Ein Artikel der „Waldeckschen Landeszeitung" vom 1.April 1929 war überschrieben mit: „In die Ehe eingekauft". Die „Frankfurter Zeitung" bezeichnete die Veranstaltung als ein „Frostiges Hochzeitsfest". Die Stimmungslage der Waldecker des Jahres 1929 kann unsere Generation gut nachempfinden. Ich denke an die Folgen der Verwaltungsreform zu Anfang der 70er Jahre. Viele Gemeinden haben in Hessen ihre Selbständigkeit aufgeben müssen und sind in größere Städte oder Gemeinden eingegliedert worden. Auch hier auf Seiten der betroffenen Bürger die Trauer über den Verlust der Eigenständigkeit, bei den verantwortlich Handelnden die Erkenntnis, daß die Zeit reif für den Zusammen schluß war.

Vergleichbar die Situation 1929: Zwar waren die fast zweijährigen Verhandlungen, die dem Vertragsabschluß vorausgegangen waren, durch die Presse von der Bevölkerung durchaus wahrgenommen worden, dennoch stand ein großer Teil der Waldecker Bevölkerung der Beendigung des Freistaates Waldeck ablehnend gegenüber. Die gewählten Vertreter stimmten demgegenüber im Bewußtsein der „Staats- und wirtschaftspolitischen Notwendigkeit" dem Staatsvertrag einstimmig zu. Aus heutiger Sicht - im vereinten Europa - wird man bestätigen müssen, daß die Zeit für ein Aufgehen Waldecks in Preußen reif, ja im Grunde genommen überfällig war. Für den Fürsten Georg Victor war - wie bereits angedeutet - die Zeit der Aufgabe der Selbständigkeit bereits vor dem Abschluß des Akzessionsvertrages 1866 gegeben. Es ist ein Verdienst des ehemaligen Hessischen Landtagspräsidenten Jochen Lengemann vor kurzem im Berliner Archiv einen vertraulichen Brief des Fürsten an seinen ehemali- [ehemaligen]

 

 

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