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Tochtersiedlungen. Im 13./14. Jh. verfielen zahlreiche Siedlungen, sie fielen „wüst", d.h. es konnten keine Abgaben mehr gezogen werden. Die Ländereien wurden aber vielfach noch von benachbarten Orten her be wirtschaftet.

Die Siedlungsgeschichte verlief oftmals periodisch. Einer Gründungsphase (3.-5. Jh., germanische Völkerwanderung; Herkunft der Ortsnamen oft unklar: -mär, -lar) folgte eine zweite Ausbauperiode im frühen Mittelalter (7. -9. Jh; Ortsnamen -hausen, -dorf, -heim, -feld, auch -rode, roth) mit oftmals planmäßigen Siedlungsgründungen unter den fränkischen und sächsischen Kaisern. Vom 11 bis 13. Jh. folgte eine weitere Ausbauphase (Ortsnamen -rode, dazu -hagen, -hain), die von einer spätmittelalterlichen Wüstungsphase abgelöst wurde. Starkes Bevölkerungswachstum vom 16. bis 18. Jh führte zur frühneuzeitlichen Wiederaufbauperiode oft mit einer vielfachen Aufsplitterung der Parzellen. Anhand von Flurkarten konnte der Referent zeigen, wie man auch heute noch deutlich die Siedlungsentwicklung an der Aufteilung der Felder erkennen und die historischen Abläufe rekonstruieren kann.

Nach einer kurzen Kaffeepause sprach Frau Dr. Brigitte Vits/Marburg über die Wirtschafts- und Sozialstruktur nordhessischer Dörfer, die im späten Mittelalter oft aus Einzelhöfen über kleine Weiler zum typischen Haufendorf verlief. Parallel dazu veränderte sich auch die dörfliche Sozialstruktur, die ursprünglich aus den Hüfnern (Bauern mit Hof), den Köttern als unterbäuerliche Schicht, und aus den Beisassen (ohne eigenen Besitz) bestand. Ab dem 14. Jh. vergrößerte sich der Landbesitz der Kötter durch eigene Rodungen oder aus der Bewirtschaftung von Wüstungsland, aus Handwerkern wurden dabei oftmals Nebenerwerbslandwirte. Obwohl das Anerbenrecht bestand, wurden Erbteilungen mehr und mehr zugelassen, weil sie für die Herren vorteilhaft waren (Spanndienste und Abgaben je Haus!). - Am Grundriß einiger nordhessischer Dörfer ist heute noch erkennbar, wie sich die Häuser der Kötter um das Dorfzentrum scharten, umgeben von einem Kreis der Hüfner, hinter denen sich die Felder ausdehnten. - Parallel zum Wachstum der Siedlungen entwickelte sich die kommunale Verwaltungsstruktur: Zur Männerversammlung gehörten nur die Bauern und Kötter, ihr Vorsteher war der ursprünglich ehrenamtlich tätige Schultheiß, Burmeister oder Grebe, der bis ins 16. Jh. auch richter liche Befugnis hatte.

 

 

 

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