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Lebensleistung eines Mannes vor, der vielleicht zu Unrecht im Schatten seines heute noch lebenden Sohnes, des Philosophen Hans-Georg Gadamer, steht. Gadamer konnte nämlich eine schulbildende Bedeutung gewinnen. Die Vorträge über den Chirurgen Rudolf Klapp und den Pädiater Ernst Freudenberg machten in bedrückender Weise deutlich, wie zukunftsweisende Errungenschaften der 20er Jahre nach der 1933 erfolgten Machtergreifung durch die Nationalsozialisten entweder instrumentalisiert, systematisch diskreditiert oder aber gar zerschlagen wurden. So musste Freudenberg, dessen Engagement Marburg 1927 die neue Kinderklinik zu verdanken hatte, wegen seiner Weigerung, sich von seiner jüdischen Ehefrau zu trennen, 1937 die Universität verlassen. Sein weiteres, sehr erfolgreiches Wirken in Basel beleuchtete paradigmatisch die schweren wissenschaftlichen Verluste, die nach 1933 auch in Marburg durch die erzwungene Abwanderung bedeutender Wissenschaftler zu verzeichnen waren.

Ein eigener Schwerpunkt war der Studentenschaft in den 20er Jahren gewidmet. Dipl.-Volkswirt Holger Zinn gab dabei einen ersten Einblick in seine Forschungen zur sozialen Struktur und politischem Auftreten der Studentenschaft. Dr. Margret Lemberg beleuchtete die Rolle der Frauen innerhalb der Universität. Durch beide Referate wurde deutlich, dass es zum Verständnis der Marburger Universität nicht nur des Blickes auf die Entwicklung einzelner wissenschaftlicher Fächer und grosser Gelehrter bedarf, sondern dass die moderne Universitätsgeschichte sich zunehmend auch andere Felder erschliesst.

 

Das Universitätsjubiläum im Jahre 1927

Den Abschluss des Kolloquiums bildete ein Vortrag über das Universitätsjubiläum von 1927, ohne Zweifel der bestens organisierte und festlich inszenierte Höhepunkt während der 20er Jahre. Dies unterstreicht nicht nur die erste grosse Universitätsgeschichte, deren Abschluss „mit Hängen und Würgen" 1927 erreicht wurde, sondern auch der sogenannte „Jubiläumsbau", in den trotz grösster wirtschaftlicher Not rund 1,5 Millionen Reichsmark an Spendengeldern flössen. Die Universitätsgeschichte und der später nach dem Kurator der Universität als „Ernst von Hülsen-Haus" bezeichnete Jubiläumsbau waren aber nur Teile der zahlreichen Aktivitäten, die 1927 stattfanden und von Prof. Dr. Jochen-Christoph Kaiser (Marburg) ausserordentlich instruktiv beschrieben wurden. Denn Mar- [Marburg]

 

 

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