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Gesellschaft oft ungerechtfertigt Arglist und Unehrlichkeit unterstellt wurden.

Eine ständig wiederkehrende Verrichtung war das morgendliche Schlagen des Pferches. In Althessen war das Pferchrecht, womit der Gebrauch der Herde und nicht das besitzrechtliche Verhältnis gemeint ist, durch ein eigenes Servitutrecht (ius cratium) geregelt worden; sein Gebrauch wurde wechselweise von den einzelnen Teilhabern ausgeübt. Im ius ovium von 1682 war dieses Pferchrecht, also „das Recht, auf eigenem Grund und Boden Hürden aufzuschlagen und seine Schafe zum Begeilen des Landes einzutreiben“, noch vom Weiderecht getrennt gewesen, „und nicht Jeder, der auf seinen Grundstücken weiden darf, darf darauf auch pferchen“12. Doch schon Hagemann sah mit der Schäfereigerechtigkeit den Pferch- und Hordenschlag verbunden, und auch Büff betonte, „ohne das steckt das Pferchrecht im Schäfereirecht“. Die Trennung von Weide- und Pferchrecht bedeutete, dass „ohne Rücksicht auf die Zahl der von jedem einzelnen Gute eingetriebenen Schafe“ der geregelte Wechsel der Pferchnächte festgelegt war. Das Abholen und Aufschlagen des Pferches war Sache des jeweiligen Empfängers, und erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ist es meist zur Aufgabe des Lohnschäfers geworden.

Schließlich verdienen die Nebengewerbe der Schäferei Aufmerksamkeit, unter anderem die Schellenschmieden; denn auch in Hessen war das Herdengeläute durchaus gebräuchlich nicht nur bei den Rinder-, sondern auch bei den Schafherden. Konrad Hörmann hat dazu 1913ff in den Hessischen Blättern für Volkskunde als Ergänzung - und vielleicht auch als Kontrapunkt - zur intensivierten Glockenforschung am Vorabend des Ersten Weltkrieges eine große, ethnographisch-vergleichende Studie vorgelegt13, und auch zu einzelnen Schellenschmiede-Werkstätten liegen kleinere Beiträge vor. Neben den Schellen wurden im 19. Jahrhundert zunehmend gegossene Glocken im Herdengeläute eingesetzt, worin sich die wachsende Verwendung von Gießereiprodukten in der Alltagskultur erkennen lässt.

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12 Büff, Schäfereirecht (wie Anm. 2), S. 33; mit dem Begriff "Begeilen" war die Düngung des Bodens gemeint, was noch heute im Ausdruck "Geilstellen" für besonders wüchsigen Gras- oder Futterbestand erhalten ist.

13 Konrad Hörmann: Herdengeläute und seine Bestandteile. In: Hessische Blätter für Volkskunde, 12, 1913, S. 1 -99; 13, 1914, S. 1 -47; 14, 1915, S. 32-119; 15, 1916, S 1 -106.

 

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