Zum 500. Geburtstag Landgraf Philipps des Großmütigen (15041567) Als 1904 der 400. Geburtstag Philipps des Großmütigen begangen wurde, war die Landgrafschaft Hessen in ihrer alten Form längst untergegangen. Das Erbe Philipps schien zersplittert. Der größere Teil, HessenKassel, spät noch zum Kurfürstentum aufgestiegen, war 1866 Preußen einverleibt worden. Dank des erhofften und tatsächlich damit verbundenen wirtschaftlichen Aufschwungs gelang diese Integration verhältnismäßig reibungslos. Es blieb zwar ein historisches Landesbewusstsein bestehen, aber es gab kaum ernsthafte Bestrebungen, die Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Die südund oberhessischen Gebiete des Großherzogtums Hessen dagegen hatten Dynastie und Selbständigkeit bewahrt. Hier sollte es eigentlich leichter fallen, an Philipp anzuknüpfen. Tatsächlich erschienen aber, herausgegeben von den Geschichtsvereinen, in beiden Regionen Festschriften zum Jubiläum. Die südhessische war bibliophil aufwendig gestaltet und ist so als eigentliche Festschrift des Jahres 1904 in Erinnerung geblieben; die einfacher gestaltete nordhessische des Kasseler Vereins brachte aber ebenfalls inhaltlich vorzügliche Beiträge. Philipp war also durch die politische Entwicklung keinesfalls aus der Erinnerung verdrängt worden, sondern erlebte im Kaiserreich geradezu eine Renaissance: So war die Aula der nun preußischen Landesuniversität Marburg in ihrer künstlerischen Gestaltung auf Philipp hin orientiert, in Kassel, Haina und Merxhausen waren Philippsdenkmäler errichtet worden, ja selbst am Berliner Dom war Philipp als Reformator dargestellt. Diese Entwicklung war 1904 zu einem gewissen Abschluss gekommen. Nun wurde vor allem daran gearbeitet, die reichlich vorhandenen Quellen im Staatsarchiv Marburg, vor allem das politische Archiv Philipps, zu erschließen und der Forschung besser zugänglich zu machen. In der Folge nahm die hessische Landesgeschichtsschreibung einen außerordentlichen Aufschwung: Geradezu exemplarisch für andere deutsche Territorien wurden hier die Reformationsgeschichte und die frühneuzeitliche Staatswerdung untersucht. Welcher Stand hier erreicht wurde, zeigte eine Generation später das umfangreiche Werk Walter Heinemeyers, des Nestors der hessischen Landesgeschichte. Er zog in dem Abschnitt „Hessen im Zeitalter der Reformation“ in dem von ihm herausgegebenen Sammelwerk „Das Werden Hessens“ von 1986 eine Summe seiner umfangreichen jahrzehntelangen Forschungen. 2004 gilt es, den 500. Geburtstag Landgraf Philipps des Großmütigen zu feiern. Von Seiten der Landesregierung, der Kirchen und der Geschichtsvereine wird man mit Ausstellungen und Veranstaltungen versuchen, die Erinnerung lebendig zu erhalten, den Stand der Forschung der Öffentlichkeit zu vermitteln und so zu einem zeitgemäßen Philippsbild beizutragen. Im Folgenden sollen einige aktuelle Themen der Forschung skizziert werden. Die dynastische Krise Das Gesamthaus Hessen hatte, was leicht aus dem Blick gerät, einen Höhepunkt seiner Macht im ausgehenden 15. Jahrhundert erlebt. Landgraf Heinrich III. war als Erbe der Grafschaft Katzenelnbogen nach 1479 zu einem der bedeutenderen Fürsten des Reichs aufgestiegen, der dank der Rheinzölle über erhebliche ?nanzielle Ressourcen