denn zuvor ein gemeiner fride zugesagt und gemacht.“7 Karl V. wie auch Ferdinand, die in ihren Ländern die Reformation blutig unterdrückten, hegten für die Zeit nach der Abwehr der Türken die feste Absicht, baldmöglichst alle inzwischen evangelisch gewordenen Länder mit Gewalt wieder der Papstkirche zuzuführen. Dagegen suchte der Landgraf ein breites Bündnis zum Schutze der evangelischen Sache zu schaffen. Aber immer wieder kamen – auch von Luther inspiriert – aus Kursachsen theologisch begründete Einwände gegen die Oberdeutschen.8 Philipp lud im Juni 1529 die führenden Köpfe für Anfang Oktober zu einem Religionsgespräch auf das Schloss nach Marburg ein, um zu einer Einigung zu kommen. Widerwillig nahmen Luther und Melanchthon die Einladung an. Als Grundlage für das Gespräch arbeiteten sie 17 Artikel – die späteren Schwabacher Artikel – aus, an denen sie unbedingt festhalten wollten. So gab es kaum Kompromissmöglichkeiten den Schweizern und Oberdeutschen gegenüber. Das vom 1. bis 4. Oktober statt?ndende Gespräch, das der Landgraf mit großem Engagement leitete, brachte dann – überraschenderweise – in vierzehn Punkten doch eine Einigung, im letzten Punkt, in der fundamentalen Frage des Abendmahls, aber blieb ein Dissens. Das war für Philipp enttäuschend, aber er hielt dennoch konsequent an seinen antihabsburgischen Plänen fest und konnte anderthalb Jahre später, am 27. Februar 1532, in Schmalkalden zusammen mit Kurfürst Johann von Sachsen, zwei braunschweigischen Herzögen, einem anhaltinischen Fürsten und einigen Reichsstädten den Schmalkaldischen Bund begründen. Auf dem Weg dorthin wurde der Sicherung der reformatorischen Errungenschaften gegenüber dem Türken 7Abgedruckt in: ebd. S. 34. 8Siehe dazu Wolgast, Eike: Die Wittenberger Theologie und die Politik der evangelischen Stände. Studien zu Luthers Gutachten in politischen Fragen. Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte Band XLVII. Gütersloh 1977. S. 125146. problem immer der Vorzug gegeben. Auf dem nächsten Reichstag im Sommer 1530 in Augsburg erreichten sie es, dass es auf der Tagesordnung wieder hinter die Religionsfragen geschoben wurde.9 Fazit Am 11. und 12. Oktober 1529 besiegte König Ferdinand ohne Hilfe der Protestanten die Türken vor Wien und zwang sie zum Rückzug. Die Protestanten folgten der Logik, jede den habsburgischen Herrschern gewährte Unterstützung werde am Ende – und quasi zum Dank – von diesen dazu genutzt, ihnen den alten Glauben wieder aufzuzwingen. Theologische Bedenken mussten dagegen zurücktreten. War Landgraf Philipp Anfang 1527 noch Luther gefolgt und hatte die in Homberg gerade verabschiedete neue Kirchenordnung für die Landgrafschaft Hessen nicht in Kraft gesetzt, so ließ er sich, als es 1529 um schwergewichtige außenpolitische Fragen ging, auch vom bewunderten Wittenberger Reformator nicht von seinem Kurs abbringen. Das Verhältnis der beiden kühlte sich merklich ab, und 1532 beklagte sich Luther bitter über den hessischen Landgrafen: „Ego laudo landgravium, quod non consulit nos sicut prius, sed cogitat: Predig, Luther, so will ich die weill sehen, das man die pferd satle (Ich lobe mir den Landgrafen, weil er uns nicht wie früher konsultiert, sondern denkt, Luther mag predigen, ich sattle meine Pferde)“.10 Die Reformation war bald nur noch eine Sache der evangelischen Fürsten: Sie wurde mit politischen Mitteln und Methoden verhandelt, verteidigt und – soweit möglich – auch vorangetrieben. Herbert Kemler 9Siehe dazu Erwin Iserloh: Die deutsche Fürsten reformation. In Handbuch der Kirchengeschichte Band IV Reformation – Katholische Reform/ Ge genreformation. FreiburgBaselWien 1985. S. 269. 10Zitiert nach Eike Wolgast: a.a.O. S. 299.