Aus Stadt und Land
Die Preisträgerinnen des Landau-Preises 2008 Ingrid Rittger und Dr. des. Irmtraud Baier
Beim Tag der hessischen Landesgeschichte 2008 in Wanfi-ied wurden Ingrid Rittger und Dr. des. Irmtraud Baier mit dem Georg-Landau-Preis des VHG ausgezeichnet. Frau Rittger erhielt die Auszeichnung für ihre Arbeit über die Geschichte der Spitzbetzeltracht, während Frau Baier für ihre Abhandlung über die Italienreise des Landgrafen Karl von 1700 ausgezeichnet wurde.
Frau Rittger, die an der Gesamtschule in Guxhagen lehrt, hatte sich über mehrere Jahre mit der traditionsreichen niederhessischen Frauentracht beschäftigt und ihre Erkenntnisse schließlich in einer 300 Seiten starken Schrift niedergelegt. Angestoßen wurde sie zu diesen Forschungen durch ihre Beschäftigung an der Chronik zu ihrem Heimatort EdermündeHaldorf. Daraus erwuchs die Frage nach Tracht und Kleidungssitten älterer Zeit. Sie hat die Entwicklung der Spitzbetzel vom 17. bis in das fühe 20. Jahrhundert nachgezeichnet. Das neu erschienene Buch „Die Niederhessische Spitzbetzeltracht" schließt eine große Lücke in der hessischen Trachtenlandschaft, denn es behandelt erstmals die Kleidung der Dorfbewohner im südlichen Landkreis Kassel und im SchwalmEder-Kreis, mit Ausnahme des Schwälmer Trachtengebietes, von 1750 bis 1900. Dieser Zeitraum wird in drei Teilbereiche untergliedert und zu jedem werden alle Kleidungsstücke einzeln beschrieben und dann das Gesamterscheinungsbild besprochen. Über 400 Abbildungen, überwiegend farbig und bisher unveröffentlicht, und ca. 60 Handzeichnungen unterstützen den Text. Das ausführliche Inhaltsverzeichnis hilft den Überblick über die 356 Seiten im Din-A-4Format herzustellen. Zwei Glossare (Wörterverzeichnisse) runden das Buch ab. Da die wissenschaftliche Arbeit in einer verständlichen Sprache gehalten ist, richtet sie sich gleichermaßen an Laien wie an Fachwissenschaftler.
Irmtraud Baier, Jahrgang 1976, hat Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Philosophie in Marburg, Leipzig und Venedig studiert und ihre Dissertation im Wintersemester 2007/2008 an der Philipps-Universität Marburg bei Pro£ Dr. Ingo Herklotz und Pro£. Dr. Ulrich Schütte eingereicht. Sie lebt mit ihrer Familie in Kassel und hat sich als Farb- und Stilberaterin selbständig gemacht. Sie verfasste ihre Arbeit unter dem Titel „Ohnvergleichliches Italien - Italienreise, Italienbild und Italienrezeption um 1700 am Beispiel des Landgrafen Karl von Hessen-Kassel". Erstmals wurde hier Landgraf Karls knapp viermonatige Italienreise im Winter 1699/1700 genauer und mit neuen Quellen untersucht. Das 1722 gedruckte Diarium italicum', das in der Forschung weitgehend unbekannte Reisetagebuch des Kriegssekretärs Klaute, war dabei nicht als Tatsachenbericht, sondern vor allem in seiner Funktion als Medium der Herrscherrepräsentation zu lesen. Aus diesen und weiteren Zeugnissen frühneuzeitlicher Italienreisen ließ sich das um 1700 herrschende deutsche Italienbild rekonstruieren: Italien galt vielen gleichsam als Fenster zum goldenen Zeitalter der Antike. In Italiens neuzeitlicher Kunst und Kultur erfuhren die Reisenden eine ästhetische Bewahrung der Antike. Die genauere Kenntnis dieses Italienbildes ermöglichte es dann, die künstlerische Rezeption Italiens in Kassel und anderen deutschen Höfen des frühen 18. Jahrhunderts klarer zu interpretieren. Wie auch neu herangezogene Quellentexte nahe legen, sollten Landgraf Karls italienisch-antikische Bauvorhaben, etwa das Marmorbad oder die Herkules-Kaskaden, im eigentlichen das antike Italien transportieren mit dem Ziel, den hessischen Regenten als neuen Augustus zu feiern.
Der VHG wird die mit dem Georg-LandauPreis 2008 ausgezeichneten Arbeiten in die Reihe der Hessischen Forschungen aufnehmen.
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