Goldmacherei im Grenzbereich zu Scharlatanerie und Betrug zu identifizieren. Diese Versuche und Forschungen schlossen medizinisch-therapeutisches Erkenntnisinteresse ebenso wie eine erhoffte Nutzenanwendung im Bergbau und in anderen Bereichen ein. Landgraf Moritz verfügte über ein Labor mit umfangreichem Instrumentarium, dessen Reste sich noch in den Sammlungen der mhk, Standort Orangerie, befinden. Keineswegs war der Landgraf aber der einzige Alchemist in seiner Landgrafschaft, die Fülle der Handschriften seiner Sammlung aus verschiedenster Herkunft belegt vielmehr seine weitgespannten Beziehungen zu anderen an der Alchemie Interessierten und zeigt, wie sehr diese ernst gemeinten alchemischen Versuche und Studien in der Bevölkerung – Pfarrer, Beamte und Hofpersonal etwa – verbreitet waren. Die Aufarbeitung eröffnet daher neue, bislang unbekannte und kaum für möglich gehaltene biographische Erkenntnisse über einige am Kasseler Hofe befindliche Personen, die nun im Zusammenhang mit Moritz’ alchemischen Studien auftauchen. Dies gilt etwa für den Bildhauer und Architekten Wilhelm Vernukken, der ebenfalls als alchemischer Forscher und Autor nachgewiesen werden kann.
Seit Herbst 1997 saß Dr. Hartmut Broszinski, ehemals Leiter der Handschriftenabteilung der Murhardschen Bibliothek und Landesbibliothek in Kassel, an der Erschließung der Quart-formatigen Handschriften, die allerdings mit einem vieljährigen zeitlichen Vorlauf schon während seiner aktiven Zeit begonnen hatten. Erst während seines eigentlichen Ruhestandes konnte er sich der Erschließung widmen, auch die Bearbeitung der kleineren Oktavformate und der größeren Foliobände, die nun folgen soll, erfolgt rein ehrenamtlich.
Zur Vorstellung des Katalogs ist in der Murhardschen Bibliothek unter dem Titel „Alchemie am Kasseler Hof: Zwischen Spekulation und Experiment“ eine sehenswerte Ausstellung zusammengestellt, die mit illuminierten Handschriften und dem o. a. ergänzenden Materialien eine gelungene Übersicht über den Bestand bietet. Dazu ist eine Broschüre mit zahlreichen Abbildungen und einführenden Texten erhältlich. Diese Ausstellung in der Bibliothek und Ausstellungstresor der Bibliothek ist von Dr. Konrad Wiedemann, Leiter der Handschriftenabteilung, kuratiert.
Ausstellung vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2011 in der Landesbibliothek und Murhardschen Bibliothek, Brüder-Grimm-Platz 4a, 34117 Kassel: Montag-Freitag 10-16 Uhr, im Eulensaalfoyer: Montag bis Freitag 9-18 Uhr und Samstag 10-13 Uhr; der Eintritt ist frei.
Jörg Westerburg, ZV Kassel

 

Das Bild aus der Alchemistischen Prachthandschrift 2° Ms.chem.21 stellt Merkur mit der roten Königin dar. Foto: UB Kassel

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