Festvortrag

 

Stefan Weinfurter
Kaiserin Kunigunde – Partnerin in der Herrschaft über Reich und Kirche

(Vortrag vom 177. Tag der hessischen Landesgeschichte
in Kaufungen am 17. September 2011)

 

Was wissen wir über die heilige Kunigunde? Das Klagen der Forschung über zu wenige Quellen hilft da nicht weiter. Eigentlich haben wir erstaunlich viele Nachrichten über sie. Das liegt vor allem daran, dass sie immer wieder in der großen Reichspolitik ihrer Zeit auftritt und dort eine ganz herausragende Rolle spielt.
Solch eine Situation stellt sich nach dem Tod ihres kaiserlichen Gemahls dar. Dieser, Heinrich II., starb am 13. Juli 1024. Die Quellen berichten von einer gefährlichen Krise, die dadurch ausgelöst worden sei. Es gab keine Nachfolgeregelung, und alles kam darauf an, dass besonnene Entscheidungen getroffen würden. Kunigundes Anteil an der Klärung der Verhältnisse wird in den Quellen hoch veranschlagt. Sie habe, so lesen wir bei dem Chronisten Wipo, das „Staatswesen“ aufrecht erhalten. Mit klarem Verstand, Klugheit und Besonnenheit habe sie die Dinge gesteuert. Nach einigen Wochen war dann ein Nachfolger im Königtum bestimmt, Konrad II. aus dem Haus der Salier. Er wurde vom Mainzer Erzbischof gekrönt und gesalbt. Aber er bedurfte noch einer weiteren Legitimation: Die alte Kaiserin Kunigunde überreichte ihm die Herrscherinsignien, die sie bis dahin gehütet hatte und unter denen die Heilige Lanze die wichtigste war. Mit der Aushändigung der Herrschaftszeichen habe sie den neuen König „stark gemacht für die Herrschaft“: ad reg­nandum illum corroboravit (Wipo 2, 544). Eine Frau legitimiert die Herrschaft eines neuen Königs! Das ist eine bis dahin im römisch-deutschen Reich einzigartige Begebenheit, und ich möchte im Folgenden versuchen, die Ursachen für diesen Vorgang zu ergründen.
Kunigunde, das können wir als erstes festhalten, war eine erfahrene Kaiserin. Sie stand die gesamte Regierungszeit ihres Mannes an seiner Seite, zog mit ihm durch das Reich, kannte die Bischöfe, Herzöge und sonstigen hohen Amtsträger und die wichtigen Städte und Pfalzen. Sie wusste auch, wie ihr Mann im Jahre 1002 an die Königsmacht gekommen war. Er musste sich hart durchsetzen und schreckte dabei auch vor Gewalt nicht zurück. Entscheidend dafür war sein Sendungsbewusstsein gewesen. Heinrich war von der Idee durchdrungen, dass nur er allein der rechtmäßige Herrscher sein könne. Diese Einstellung Heinrichs war Kunigunde schon vertraut aus den Jahren, in denen sie an seiner Seite als Herzogin von Bayern in Regensburg weilte.
Wir wissen nicht genau, wann die Heirat zwischen den beiden zustande kam. Wahrscheinlich war es schon 995 oder 998, spätestens aber im Sommer des Jahres 1000. Dieser Heinrich, so muss man es wohl sagen, war kein gewöhnlicher Herzog. Vielmehr hat er sich schon als Herzog von Bayern als

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