königsgleich gesehen. Immerhin stammte er aus dem Haus der ottonischen Kaiser, und es hatte sich überdies die Legende festgesetzt, dass die bayerische Linie der Heinriche sogar die wahre Königslinie sei. In den Quellen erscheint Heinrich dementsprechend als „königlicher Herzog“ (regalis dux).
Dieser Herzog hatte sein Herrschaftszentrum in Regensburg, und dorthin muss nach der Heirat auch Kunigunde gezogen sein. Regensburg war im Reich dieser Zeit eine stolze Stadt mit alten römischen und karolingischen Gebäuden. Was aber noch wichtiger war: In Regensburg hatte sich genau in dieser Zeit ein kräftiges Reformzentrum herausgebildet, von dem schon der junge Heinrich zutiefst beeinflusst wurde. Der entscheidende Kopf dieser Reform war Bischof Wolfgang von Regensburg. Sein Programm lautete: Steigerung der Effizienz der Klöster durch Einführung der Benediktregel, durch klare Besitz- und Rechtsregelungen und durch Förderung der Bildung und Wissenschaften. Mit diesen Zielen baute er die Regensburger Kirche völlig um und sorgte dafür, dass sich die Mönche ganz auf ihr gottgeweihtes, vollkommenes Lebensideal konzentrierten.
Dieses neue Reformprogramm war aber nicht in Regensburg erfunden worden, sondern im Westen des Reiches, in Lothringen, das bis an den Rhein heranreichte. Das Kloster Gorze dürfte der Ausgangsort der Entwicklung gewesen sein. Das entscheidende Wirkzentrum aber wurde das Kloster St. Maximin bei Trier. Dort entfalteten die neuen Gedanken große Kraft, und dort hatte auch Wolfgang die Reform kennen gelernt. Nachdem er Bischof geworden war, holte er aus diesem Kloster St. Maximin nun die Reformer nach Regensburg und überließ ihnen das Kloster St. Emmeram. Damit wurde die Trierer Ausformung der frömmsten Lebensweise, die man im Reich damals antreffen konnte, nach Regensburg verpflanzt, in das Zentrum des königlichen Herzogs von Bayern.
Damit begann der Aufstieg St. Emmerams zum monastischen Mittelpunkt für das gesamte Herzogtum Bayern. Die musterhafte Lebens- und Rechtsordnung wurde zum Vorbild für zahlreiche andere Klöster. Und inmitten dieser reformreligiös aufgeladenen Atmosphäre wuchs Heinrich auf. Die Quellen berichten übereinstimmend, wie sehr er davon fasziniert war. Überall in Regensburg, an der Bischofsschule wie am Herzogshof, in St. Emmeram und im herzoglichen Hauskloster, dem Stift Niedermünster, war der heranwachsende Heinrich umgeben von den monastischen Reformideen aus Trier.
In dieses Regensburg also kam kurz vor der Jahrtausendwende Kunigunde als die junge Gemahlin des ebenso jungen Herzogs von Bayern. Sie dürfte sich, wie wir jetzt erkennen können, in der religiösen Atmosphäre der Stadt sogleich wie zu Hause gefühlt haben, denn Kunigunde kam wie Bischof Wolfgang und seine Reformer ebenfalls aus Trier. Diese Zusammenhänge sind in der Forschung lange nicht beachtet worden. Doch liegt es sofort auf der Hand, dass dieser Umstand von größter Bedeutung ist.
Kunigundes Vater war Graf Siegfried von Luxemburg (963–998), und – noch wichtiger – er war der Vogt von St. Maximin bei Trier. Er zählte zur obersten politischen Elite, zum Hochadel des Reichs. Nach neueren Forschungsergebnissen dürfte Siegfrieds Vater sogar Herzog Giselbert von Lothringen (928–939) gewesen sein, der in das Herrscherhaus der Ottonen eingeheiratet hat. Als sogenannter Laienabt war Giselbert auch schon der Leiter des Klosters St. Maximin gewesen. Sein Sohn,
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite
 
 
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite