Und so gehörte zu den allerersten Regierungshandlungen von Heinrich II. und Kunigunde die Wiedererrichtung des Bistums Merseburg. Aus einer Quelle, den „Taten der Bischöfe von Halberstadt“, erfahren wir sogar, dass die Wiedererrichtung Merseburgs auf Kunigundes „Betreiben“ (instinctu) hin erfolgt sei. Mit dieser Tat sollten die schrecklichen Leiden, die dem Heiligen mit der Auflösung seines Bistums zugefügt worden waren, möglichst rasch wieder geheilt werden. In der Erneuerungsurkunde Heinrichs II. von 1004 heißt es: „Gemeinsam mit unserer geliebtesten Gemahlin Kunigunde, der Teilhaberin an der Königsherrschaft, wollten wir diesen Bischofssitz sogleich wiederherstellen und haben (...) dieses Gelübde nunmehr durch die Tat erfüllt“. Die Weihe der Königin am Laurentiustag 1002 in Paderborn war also so etwas wie der Auftakt dafür, den Heiligen wieder zu versöhnen und seinen Schutz zu gewinnen für das neue Königspaar und das diesem anvertraute Reich. Und mit aller Deutlichkeit kommt zum Ausdruck, dass Kunigunde dabei keineswegs nur eine Nebenfigur war, ganz im Gegenteil. König und Königin treten von Beginn an als Partner auf.
Die starke Hinwendung zum heiligen Laurentius könnte noch einen weiteren Grund haben. Wir wissen, dass um das Jahr 1000 eine gesteigerte Endzeiterwartung um sich griff. Laurentius aber hat als Märtyrer das Feuer überwunden, und mit diesem Feuer ist auch das Feuer des Weltgerichts gemeint. Von Heinrich II. wissen wir, dass er von dem Gedanken getrieben war, dass das Welten-Ende kurz bevorstehe und dass er deshalb als König besondere Verantwortung für die Rettung des ihm anvertrauten Volkes trage. Aus diesem Grund widmete er sich ganz speziellen Heiligen, denen beim Jüngsten Gericht als Helfer eine besondere Bedeutung zukam. Der Erzengel Michael gehörte dazu, vor allem aber der heilige Stephan, der als erster Sterblicher den direkten Weg in den Himmel und damit zur ewigen Seligkeit gefunden hatte. In Bamberg ließ er ihm ein eigenes Stift errichten. Und vor die Grablege, die er für sich im Bamberger Dom vorbereiten ließ, wurde ein Stephans-Altar gesetzt.
Kann man dieses Endzeitbewusstsein auch bei Kunigunde erkennen? Immerhin bemerkenswert ist, dass in späteren Quellen davon berichtet wird, dass die Bamberger Stephanskirche, die 1020 von Papst Benedikt VIII. persönlich eingeweiht wurde, auf ihre Initiative hin gebaut worden sei. Ansonsten sieht man bei ihr, dass sie in der himmlischen Hierarchie noch höher griff als ihr Gemahl. Für ihr Kloster Kaufungen wählte sie als Patrone den Retter der Welt (salvator), außerdem das die Welt erlösende, lebenspendende Kreuz (vivifica crux), die heilige Gottesmutter Maria, den Apostelfürsten Petrus und sicherheitshalber auch noch alle Heiligen. Das erinnert an die 999 gestorbene Kaiserin Adelheid, die Gemahlin Ottos des Großen. Diese gründete die drei Klöster Selz, San Salvatore Maggiore in Pavia und Peterlingen und gab ihnen als Patrone den Erretter der Welt, die Mutter Gottes und den Apostelfürsten Petrus. Kunigunde hat diese rettenden Kräfte des Himmels alle in einem Kloster vereint. Auch das ist ein Zeichen für die große Bedeutung, die sie ihrer Stiftung Kaufungen beimaß. Dieser Gesichtspunkt legt es übrigens nahe anzunehmen, dass Kunigunde auch ihre Grablege hier und nicht in Bamberg vorgesehen hat.
Wie steht es überhaupt mit Bamberg und der Kaiserin, so können wir an dieser Stelle fragen. In Bamberg gründete Heinrich II. einen neuen Bischofssitz, Bamberg wurde eine
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