in unmittelbare Verbindung zum König des Himmels und waren gemeinsam seine Beauftragten. Eigentlich müsste man dieses Herrschafts-Modell, das in der Forschung bisher kaum beachtet wird, als Sensation bezeichnen. Es deutet sich damit an, dass die beiden, Heinrich und Kunigunde, über ihre irdische Ehebindung hinaus in einer transzendental verankerten Sonderstellung vereinigt waren. Ihre Verbindung hatte Gott zum Wohle des Reiches bestimmt.
In der Forschung wird gerne die Meinung vertreten, Krönung und Weihe Kunigundes hätten nur zufällig in Paderborn stattgefunden. Angesichts der fundamentalen Bedeutung des Aktes wird man eine solche Einschätzung nicht gut vertreten können. Wir müssen vielmehr davon ausgehen, dass alles sorgfältig geplant war und dass man auch den Ort und den Tag der Weihe mit Bedacht ausgewählt hat. Paderborn war immerhin ein bedeutendes kirchliches Zentrum im sächsischen Herzogtum. Hinzu kam, dass andere sächsische Bischöfe bei Heinrichs II. Königserhebung sich eher als Gegner erwiesen hatten, wie Bischof Bernward von Hildesheim. Vor allem muss man daran denken, dass die Sachsen bisher mit den Ottonen fast ein Jahrhundert lang die Könige gestellt hatten. Nun, 1002, kam mit Heinrich II. ein bayerischer König, der zwar mit den Ottonen verwandt war, der aber, wie es beim Chronisten Thietmar heißt, seine Bayern mehr geliebt habe als alle anderen Völker. Kunigundes Krönung und Weihe in Paderborn konnten deshalb als Versöhnungszeichen für die Sachsen gelten: Sie wurde gleichsam eine sächsische Königin.
Daran kann man durchaus die Frage knüpfen, ob die Gründung von Kaufungen ebenfalls in solche Zusammenhänge gehört. Sollte auch Kunigundes ganz persönliches religiöses Zentrum zur stärkeren Einbindung der nördlichen Reichsteile in die Königsherrschaft dienen? Das Kloster lag im hessisch-fränkisch-sächsischen Grenzbereich. Mit der königlichen Schwerpunktbildung an einem großen Königsforst für Kunigunde in diesem Gebiet war eben auch die Königspräsenz verbunden, insbesondere in der Person der Königin. Aber auch Heinrich II. hielt sich seit 1011 nicht selten hier auf, feierte 1015 die „Bettage“ und hielt eine Versammlung der Großen des Reichs ab. Hinzu kommt, dass Kunigunde und ihre Familie in diesem Raum ohnehin über Besitzungen verfügte, die in die Kaufunger Gründung einflossen. Falls es zutrifft, dass der zuständige Graf der Region, Friedrich, ein Bruder Kunigundes war, vielleicht sogar auch der nicht weit entfernte Graf Siegfried von Northeim zu den Geschwistern zählte, dann wird deutlich, welch beachtliches Machtpotenzial des Königshauses sich um die Königin an diesem Ort bildete.
Dass auch der Tag von Kunigundes Weihe nicht zufällig war, ist offenkundig. Es war der 10. August 1002, der Festtag des heiligen Laurentius. Im Jahre 1002 war das ein Montag und kein Sonntag, an dem man sonst eine Königinnen-Weihe erwarten müsste. Aber dieser Tag galt für die Menschen um das Jahr 1000 als ein herausragendes Festereignis, denn am 10. August 955 waren die Ungarn auf dem Lechfeld besiegt worden. Der Tag des heiligen Laurentius war seitdem so etwas wie ein Reichsfeiertag. An vielen Kirchen wurden seine Reliquien verehrt.
Im sächsischen Merseburg war zu Ehren des Laurentius sogar ein neues Bistum errichtet worden. Es war allerdings in der Zwischenzeit wieder aufgelöst worden, so dass Sachsen dieses symbolträchtige Bistum verlor. Dieser Fehlgriff musste rückgängig gemacht werden.
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite
 
 
vorherige Seite  -  zurück  -  nächste Seite