2 Der Leitaufsatz zum Umschlagbild
Zur Grundsteinlegung des Klosters Haina um 1144 bis 1215
I
Von den ersten Gründungversuchen auf der
Aulesburg bis zur Grundsteinlegung des
Klosters in Haina vergingen mehr als sieben
Jahrzehnte. Das bedeutet eine ungewöhnlich
lange Zeit für eine Klostergründung, für die
es kaum Parallelen gibt. Gewiss ging es dem
Stifter, Graf Poppo von Reichenbach und Ziegenhain,
bei der Überlassung der nicht mehr
benötigten Aulesburg an einen Mönchskonvent
in erster Linie um eine Stätte des fürbittenden
Gebetes für sein und seiner Familie
Seelenheil. Davon zeugt eine 1144 ausgestellte
Urkunde des Erzbischofs Heinrich von
Mainz, deren Datierung wegen gravierender
inhaltlicher Verfälschungen jedoch kaum als
Stiftungsurkunde anzusehen ist. Inhaltlich
korrekt ist, dass der Erzbischof das Kloster
in seinen Schutz nimmt und, ebenso wie die
Stifterfamilie, reichlich mit Güterbesitz ausstattet.
Für die Errichtung eines Klosters auf der
Aulesburg bot sich vor allem der Zisterzienserorden
an, weil dieser sich in besonderer
Weise durch den Landesausbau hervortat.
Vom ältesten deutschen Zisterzienserkloster
Kamp am Niederrhein kamen von etwa
1140 an nacheinander drei Konvente auf die
Aulesburg, die den Ort jeweils nach kurzem
Aufenthalt wieder verließen. Außerdem wird
noch von einem Konvent von Männern und
Frauen unbekannter Herkunft berichtet. Einer
der Gründe für das Scheitern auf der Aulesburg
bestand zweifellos darin, dass der Stifter
nicht auf alle persönlichen Rechte an der
Klostergründung verzichten wollte. Freiheit
Der Leitaufsatz zum Umschlagbild
von weltlicher und geistlicher Herrschaft war
aber ein Grundgebot für das Zustandekommen
eines Zisterzienserklosters.
Hinzu kam, dass die strenge Auslegung der
Zisterzienserregel die Siedlungsferne eines
Klosters vorschrieb. Bäuerliche Ansiedlungen
im Umfeld einer Klostergründung wurden
nicht geduldet. Sie mussten aufgegeben
werden, weil diese der Forderung nach
der mönchischen Eigenwirtschaft im Wege
standen. Die für die Zisterzienser verbindliche
Benediktsregel, die sich auf den Kern des
„Bete und arbeite“ (ora et labora) reduzieren
lässt, forderte von den Mönchen, dass sie
ihren Lebensunterhalt selber erwirtschaften
und die Arbeit nicht von untertänigen Bauern
verrichten ließen. An die Stelle der dörflichen
Siedlungen traten die großen Wirtschaftshöfe
der Zisterzienser, so genannte
„Grangien“. Sie waren von den Mönchen
selber zu bewirtschaften beziehungsweise
von dem Kloster angehörenden Laienbrüdern
(Konversen). Schon früh entstanden im
Umfeld der Zisterze die Grangien Ellnrode,
Halgehausen, Altenhaina und Espe. Zu Beginn
des 14. Jahrhunderts kam Kirschgarten
hinzu.
Die von Graf Poppo überlassene Burg lag
im Schnittpunkt zweier bedeutender Handelsstraßen:
der „Via Regia“ (Königsstraße), die
in west-östlicher Richtung von Aachen und
Köln über Hessen, Thüringen und Sachsen
bis nach Polen führte, sowie eine Nebenstrecke
der vom Rhein-Main-Gebiet in nördlicher
Richtung nach Bremen führenden „Weinstraße“
(Wagenstraße). Der starke Verkehr und
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